Galileo, die zivile europäische Alternative zum amerikanischen militärischen globalen Positionsbestimmungssystem GPS, kann von nun an auf eine vom CSEM entwickelte Schweizer Atomuhr zählen. Das europäische Satellitennavigationsprojekt Galileo, dessen Infrastrukturkosten auf 3,4 Mrd. Euro geschätzt werden, ist dem amerikanischen GPS-System in technologischer Hinsicht überlegen: Die extrem grosse Frequenzstabilität der Atomuhr von 1 Nanosekunde (ein Milliardstel einer Sekunde) pro Tag ermöglicht eine sichere Positionsbestimmung am Boden von knapp 30 cm; beim amerikanischen System beträgt die Unschärfe mehrere Dutzend Meter.
Das Galileo-Programm deckt die nördlichen Weltregionen, wie Nordeuropa, besser ab als das amerikanische System. Ausserdem stellt es im Gegensatz zum amerikanischen GPS einen zivilen Service mit sekündlicher Datenaktualisierung bereit und überwacht die Integrität der bereitgestellten Informationen, um leistungsfähigere Dienstleistungen in optimaler Qualität zu gewährleisten. Das Galileo-System beruht auf einer Konstellation von dreissig Satelliten, die auf drei Ebenen in der Erdumlaufbahn positioniert sind und von zwei terrestrischen Stationen in Europa kontrolliert und gesteuert werden. GIOVE-B und sein Vorgänger GIOVE-A, der im Dezember 2005 in die Umlaufbahn gebracht wurde, sind Bestandteil der ersten Phase dieses Projekts, der Validierung im Orbit (IOV, "In Orbit Validation").
Die Uhr als unentbehrliches strategisches Element des Galileo-Systems
Die Zeitmessung ist das Nervenzentrum des Galileo-Systems. Jeder Satellit der Galileo-Konstellation ist mit Atomuhren ausgestattet, die mit extremer Präzision die Zeit messen. Das CSEM hat sich aktiv an der Entwicklung dieser Atomuhren beteiligt und den Prototypen der Wasserstoffmaser-Uhr (PHM, "Passive Hydrogen Maser") an Bord des Satelliten GIOVE-B entwickelt. Diese Technologie wurde danach an die Firma SpectraTime in Neuchâtel (zuvor TEMEX Neuchâtel Time - TNT) zur industriellen Fertigung übertragen.
Die Wasserstoffmaser-Atomuhr PHM weist eine bisher nicht erreichte Genauigkeit von 1 Nanosekunde über einen Zeitraum von 24 Stunden auf, was eine Positionsbestimmung am Boden mit einer Präzision von einigen Dutzend Zentimetern gewährleistet. Diese Atomuhr an Bord von GIOVE-B ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem CSEM und SpectraTime (Neuenburg) im Auftrag von Galileo Avionica (Italien) mit Unterstützung der Europäischen Weltraumagentur ESA.
Das CSEM führt Arbeiten für die nächsten Uhrengeneration des Galileo-Systems für die Firma Thales Electron Devices (Frankreich) durch. Ziel ist eine Leistungssteigerung bei geringerer Masse und Volumen. Die aktuellen Entwicklungen betreffen den Bau einer Cäsiumuhr mit optischer Anregung ("optisches Pumpen"), die bei einem Viertel des Platzbedarfs ebenso leistungsfähig ist wie die PHM