Viele Produkte bestehen aus komplexen Mehrkomponentenmischungen. Oft ist eine langfristige Homogenität und Haltbarkeit solcher Gemische von hoher Priorität in der Produktentwicklung, weil Entmischungsprozesse die Produktqualität negativ beeinflussen. Traditionell werden solche Entmischungsvorgänge mit bloßem Auge in einem so genannten "Shelf-Life-Test" beobachtet. Dieses Verfahren ist allerdings sehr subjektiv und oftmals sind für jede Optimierungsrunde mehrere Wochen Testzeit nötig.
Erstmals Messungen bei Minusgraden möglich
Um dieses Problem zu lösen, bietet der deutsche Labormessgerätehersteller DataPhysics Instruments das Dispersionsstabilitäts-Analysesystem MultiScan MS 20 für eine automatische Stabilitäts- und Alterungsanalyse von flüssigen Dispersionen an. Das Gerät wurde speziell zur Charakterisierung von Suspensionen und Emulsionen entwickelt und ermöglicht eine zeit- und positionsaufgelöste Analyse von Entmischungsprozessen. Mit dem MultiScan MS 20 können solche Prozesse viel genauer quantifiziert und detaillierter ausgewertet werden als mit einem herkömmlichen Shelf-Life-Test. Das MultiScan MS 20 besteht aus einer Basiseinheit, an die bis zu sechs Probenkammern angeschlossen werden können.
Bisher waren mit dem MultiScan MS 20 Messungen bei konstanten Temperaturen und individuell definierbaren Temperaturprofilen zwischen 4 °C und 80 °C möglich. Nun ist es dem Labormessgerätehersteller gelungen, die minimale Temperatur für Messungen auf -10 °C zu senken. Um bei Minusgraden zu messen, werden die turmförmigen Probenkammern des MultiScan MS 20 mit einer Isolationsmanschette umhüllt. Um zu verhindern, dass Luftfeuchtigkeit auf den Proben kondensiert, werden die Probenkammern während der Messung mit trockenem Schutzgas geflutet. Die Manschetten können bei einer Geräteneuanschaffung in der gewünschten Anzahl mitbestellt werden. Bestandsgeräte können kostengünstig für Messungen bei niedrigen Temperaturen nachgerüstet werden.
Reale Lagerbedingungen vieler Industrien abbildbar
Die Temperatur ist einer der Faktoren, die Entmischungsprozesse in Dispersionen beeinflussen. Deshalb ist es bei Untersuchungen neuer oder optimierter Mischungen unerlässlich, diese unter realen Lagerbedingungen zu untersuchen. Dr. Sebastian Schaubach, Chief Innovation Officer bei DataPhysics Instruments, sagt: „Wir freuen uns ganz besonders, dass es uns als erstem Hersteller in diesem Bereich gelungen ist, Messungen bei Minusgraden durchzuführen.“
Durch die Weiterentwicklung des MultiScan MS 20 ist die Untersuchung von Dispersionen bei realen Lagerbedingungen auch für Produkte möglich, die gekühlt gelagert werden. Die Europäische Arzneimittel-Agentur etwa fordert in ihren Richtlinien zur „Deklaration von Lagerbedingungen“ aus dem Jahr 2007, dass Arzneimittel auf ihre Stabilität hin geprüft und dann mit entsprechenden Labels versehen werden. Die Lagerung im Kühlschrank geht hier von einer Temperatur bei circa 5 °C, die Lagerung im Gefrierschrank von einer Lagerung unter 0 °C aus.
Interessant ist der erweiterte Temperaturbereich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch im Lebensmittelbereich. Hier werden Produkte während der Produktion, des Transports und bei Endkunden oft gekühlt gelagert. Als typische Temperatur eines Kühlschranks werden oft 4 °C oder niedriger angegeben. Diese Bedingungen können nun mit dem MultiScan MS 20 abgebildet werden.
Ebenso kann das MultiScan MS 20 nun für Produkte verwendet werden, die im Außenbereich zum Einsatz kommen. Dazu gehören Schmierstoffe genauso wie Farben und Agrarprodukte. „Die Expertinnen und Experten in unserem hauseigenen Labor vereinen ein tiefgehendes Verständnis unserer Messmethoden mit einem breiten Wissen über konkrete Anwendungen in vielen Industrien“, erklärt Schaubach. Und weiter: „Wir freuen uns, Kundinnen und Kunden auch bei neuen, spannenden Messaufgaben bei Minusgraden zu begleiten.“
Messprinzip des MultiScan MS 20 kurz erklärt
Das MultiScan MS 20 analysiert Entmischungsprozesse, indem es Lichtintensitäten zeit- und positionsaufgelöst misst. Der Versuchsaufbau sieht folgendermaßen aus: Eine Probe wird in ein Glasgefäß gefüllt, welches dann in eine Probenkammer, den sogenannten ScanTower, gestellt wird. Zwei Lichtquellen und ein Lichtdetektor bewegen sich gleichzeitig entlang der Probe auf und ab. Während der Messung wird die gesamte Probenhöhe abgescannt. Die Software analysiert die Lichtintensitäten, die durch die Probe hindurchgehen und von ihr zurückgestreut werden. Die Intensitäten der Transmission (also das Licht, das die Probe durchdringt) und der Rückstreuung (also das Licht, das von der Probe reflektiert wird) hängen direkt von der Anzahl, Größe und Art der dispergierten Tropfen oder Partikel ab.
Partikel können sich auf dem Boden des Probenbehälters absetzen, so dass in dieser Schicht mehr Partikel mit dem Licht interagieren. Partikel können auch aufrahmen und sich am oberen Rand der Flüssigkeit sammeln, so dass in der oberen Schicht mehr Partikel mit dem Licht wechselwirken. Die Probe zeigt dann abnehmende Transmissionsintensitäten im jeweiligen Bereich der Dispersion, während die Rückstreuintensitäten zunehmen. Darüber hinaus können Partikel aggregieren und Tröpfchen agglomerieren, was als globale Veränderungen der Transmissions- und Rückstreuintensitäten beobachtet werden kann.