In Pinneberg wurde ein typisch norddeutscher Klinkerbau von 1920 um einen eleganten Holzanbau erweitert. Seine mit thermisch behandeltem Holz bekleideten Längsseiten wurden hinterlüftet ausgeführt. Dazu bildet die hell verputzte INTHERMO-Fassade an der Rückseite des Anbaus einen reizvollen Kontrast. Die Entwurfsplanung lag in den Händen der Darmstädter Architektin Britta Clemens. Die Bauleitung und Ausführung vor Ort übernahm der Pinneberger Zimmerermeister Christian Lange.
Durchdachtes Dämm- und Putzsystem
Vom lauschigen Garten aus betrachtet, wird die 70 m² umfassende hinterlüftete Fassade aus kammergetrocknetem, thermisch behandeltem Holz durch die hell verputzte Rückfront des Gebäudes akzentuiert. Unter beiden Oberflächen sorgen diffusionsoffene INTHERMO-Holzfaserdämmplatten auf gezimmertem Holzständerwerk sowie eine 180 mm starke, ökologische Faserdämmung im Gefach für wohlige Behaglichkeit. Zum Temperaturausgleich im Anbau trägt rund ums Jahr die INTHERMO-Holzfaserdämmung in 40 mm Dicke bei. Darauf abgestimmt kam an der Rückseite des Gebäudes das INTHERMO-Putzsystem zum Einsatz: Für den nötigen Wetterschutz sorgt hier der Silikonharzputz mit 2 mm Körnung. Als Farbton wurde Basalt 16 gewählt.
Es war einmal…
Wärmedämmung? Fehlanzeige! Das Wort haben norddeutsche Bauhandwerker im Jahre 1920 offenbar noch nicht gekannt. Maßnahmen zur Wärmedämmung der Gebäudehülle zu ergreifen, kam damals noch niemand in den Sinn. Aber genau aus dieser Zeit stammt das dunkelrot geklinkerte Einfamilienhaus an der Mühlenau in Pinneberg. Ruhig und doch zentral liegt es gegenüber einer Schule, nur ein paar Schritte vom nahen S-Bahnhof entfernt. Das Fassadenbild wirkt im Vorübergehen makellos, der Baustil landestypisch. Von der Straßenseite aus lässt sich kaum ein Unterschied zu den Nachbarhäusern links und rechts ausmachen. Mit einer Ausnahme: „An den ausgesägten Herzen in den weißen Fensterläden haben wir sofort gesehen, dass das Anwesen etwas Besonderes ist“, erinnert sich Dr. Annette Roth an ihre erste Begegnung mit dem liebenswerten Backsteinhaus. Nicht etwa, dass sie hoffnungslos nostalgisch wäre; als Zahnärztin mit eigener Praxis weiß sie täglich ihre Frau zu stehen. Die Entscheidung, das Backsteinhaus auf dem 760 m² großen Grundstück zu kaufen, fiel durchaus überlegt; die Lage war einfach ideal, zumal die Zahnarztpraxis in der Oeltingsallee fußläufig zu erreichen ist. Gemeinsam mit ihrem Ehemann André M. Bajorat, der sich als Geschäftsführer der Frankfurter Softwarefirma Giropay GmbH beruflich ebenfalls stark engagiert, zog Annette Roth 2004 in den heimeligen Altbau ein. „Unsere Entscheidung für einen Altbau stand im Grunde schon lange vorher fest. Ein Eigenheim komplett neu zu planen und zu bauen, kam für uns nicht in Betracht. Wir wünschten uns ganz einfach ein Zuhause, das Geschichte atmet. Schubladenentwürfe schienen uns schon immer seelenlos“, sagt Bajorat.
Mehr Platz für dies und das
Eine Wohnfläche von 160 m² über zwei Etagen ist für zwei Personen eigentlich genug. Allerdings wurde den Hauseigentümern bald bewusst, dass es um den alten Anbau auf der Gartenseite nicht zum Besten stand. „Ursprünglich hatten wir vor, den 20 m²-Trakt zu nutzen, wie er war. Als passionierte Wassersportler brauchen wir viel Stauraum, um unsere Kanus und die Ausrüstung einzulagern“, erklärt der Hausherr. Doch dafür war der Zuschnitt weder Fleisch noch Fisch. Zwar befindet sich auf dem Anwesen ein separates Bootshaus, das aber wird von Annette Roth als künstlerisches Atelier genutzt. „Ich modelliere gerne. Zurzeit arbeite ich an einer mannshohen moosgrünen Kuh aus Drahtgeflecht und Pappmaché“, sagt die Hobby-Künstlerin. Die Skulptur ist für die zahnärztliche Praxis bestimmt und soll dort die Wartenden ablenken. „Angst vorm Bohrer? Nicht bei mir!“, verspricht sie.
Teilabriss und Neuanbau
Als sich 2006 Familienzuwachs ankündigte, wurden Nägel mit Köpfen gemacht: Der marode alte Trakt sollte endlich einem neuen, zweckmäßigeren Anbau weichen. Wer den Abriss, die Planung und den Neuanbau nebst Formalitäten federführend leiten sollte, war noch völlig offen. Aber wie das Leben so spielt, lernte das Ehepaar aus Pinneberg just zu dieser Zeit die Architektin Britta Clemens kennen. Ihr Büro liegt zwar in Darmstadt, 500 km von Pinneberg entfernt, so dass sie die Bauleitung vor Ort nicht selbst ausüben konnte; doch schien ihr die Aufgabe so spannend, dass sie die Entwurfsplanung spontan übernahm. „Erweiterungsanbauten wollen genauso sorgfältig durchdacht sein wie ein Komplettneubau. Mehr noch: Wo alte und neue Bausubstanz aufeinander treffen, sind genaueste Detailplanung und exakte Bauausführung unverzichtbar“, sagt die freischaffende Architektin, die schon einige Projekte dieser Art für anspruchsvolle Bauherren verwirklicht hat. Dass ihr Annette Roth und André Bajorat freie Hand ließen, kam ihrem Arbeitsstil sehr entgegen. „So konnte ich Vorstellungen entwickeln, die ästhetisch wie räumlich ungewöhnlich und zugleich harmonisch sind“, sagt Britta Clemens rückblickend. Dass sie als Baumaterial vorwiegend Holz verwendete, hat gute Gründe: „Generell ist Holz ein wunderbarer Werkstoff, der ein enormes Gestaltungspotenzial auch im Fassadenbau besitzt“, sagt die Architektin.
Mehr Wohnbehaglichkeit
Werden natürliche Holzfaserprodukte zu Dämmzwecken eingesetzt, kommt ein besonders angenehmer Effekt hinzu: der ganzjährig spürbare Temperaturausgleich im Raum. „Das diffusionsoffene INTHERMO Wärmedämm-Verbundsystem hilft, eine Phasenverschiebung von etwa 12 bis 14 Stunden zu erreichen. Dadurch kann im Sommer große Hitze ferngehalten werden; im Winter bleibt vorhandene Wärme wesentlich länger im Raum. Dass dadurch der Energiebedarf des Gebäudes vermindert wird und zugleich der Wohnkomfort erheblich steigt, liegt auf der Hand. Auch zur energetischen Optimierung von Bestandsgebäuden kann eine auf die bauliche Substanz präzise abgestimmte Holzfaserdämmung einen erheblichen Beitrag leisten; vor allem in Verbindung mit dem passenden Putzsystem, das die Fassade nicht nur vor Witterung schützt, sondern auch durch eine spezielle Rezeptur langfristig sauber hält“, erläutert Dipl.-Holzbauingenieur Guido Kuphal, Geschäftsführer des WDVS-Entwicklers INTHERMO GmbH (www.inthermo.de) sowie Vorstandsmitglied im Verband Holzfaser Dämmstoffe (VHD e.V. -- www.holzfaser.org).
Schräg ausgerichtet
Vor allem der Verlauf einer Grundstücksgrenze bereitete der Architektin bei der Planung Kopfzerbrechen. „Da die Front des alten Backsteinhauses parallel zur Straße steht, sich das Grundstück auf der Gartenseite aber asymmetrisch verjüngt, konnte ich den Anbau nicht einfach im rechten Winkel an die Rückseite des Hauses setzen“, erläutert Clemens. Andernfalls wäre sie mit einem Ende des neuen Trakts auf der Grenze zum Nachbargrundstück gelandet – und wer weiß, ob dem Nachbarn die Grenzbebauung auch nach ein paar Jahren noch gefallen hätte. Außerdem genießt die Pinneberger Bauaufsicht den Ruf, ihre Arbeit durchaus ernst zu nehmen. „Um Einsprüchen jeglicher Art vorzubeugen, beschloss ich, den Anbau schräg an die Rückseite des Backsteinhauses anzusetzen und auf diese Weise die im Altbau gelegene Küche räumlich in den Garten zu verlängern“, erläutert Britta Clemens ihre Lösung. Der Entwurf eines offenen Küchen-Ess-Wohntrakts gefiel auf Anhieb, zumal er Platz für eine zweiseitig umlaufende freitragende Hochterrasse bot.
Ortsübliches mal anders
Eigentlich sah der amtliche Bebauungsplan eine regionaltypische, sehr traditionelle Bauausführung und Fassadengestaltung vor. Der norddeutschen Vorliebe für Ziegelrotes wusste Britta Clemens mit einer überaus kreativen Idee zu entsprechen: Zur Bekleidung der Längsseiten des Anbaus wählte die Architektin den von ihr favorisierten Werkstoff Holz in ziegelähnlichem natürlichen Farbton. Durch Fortführung ihres innovativen Gestaltungskonzepts übers Dach resultierte ein geschlossenes Gebäudebild, das im Einklang mit den amtlichen Vorgaben stand. Die im Bebauungsplan ebenfalls vorgesehene helle Putzfassade wurde gartenseitig realisiert. Das Ergebnis überzeugt: Die Ausführung des neuen Anbaus mit natürlichen Werkstoffen und einer modernen Holz-/Putzfassade nimmt Merkmale der traditionellen Bebauung auf, ohne den Stil des Altbaus von 1920 einfach zu kopieren.
Bauleitung delegiert
Die räumliche Entfernung zwischen ihrem Büro und dem Ort des Baugeschehens löste die Darmstädter Architektin auf pragmatische Art: Sie übertrug diese verantwortungsvolle Aufgabe dem Pinneberger Zimmerermeister Christian Lange. Dessen Tischlerei und Zimmerei genießt seit Generationen in und um Pinneberg einen tadellosen Ruf. Bei ihm wusste Britta Clemens das anspruchsvolle Bauvorhaben bestens aufgehoben. „Bei der Bauausführung streben wir kompromisslos nach dem Besten für die Bauherrenschaft. Das bedingt, dass Baumaterialien und Subauftragnehmer unserem Qualitätsmaßstab genügen müssen“, sagt Christian Lange, dessen Handwerksunternehmen 13 Mitarbeiter zählt.
Dass der routinierte Zimmerermeister hält, was man sich von handwerklicher Meisterqualität verspricht, zeigt das fertige Objekt. „Obwohl das Wohnzimmer im eigentlichen Wohnhaus sehr viel größer ist, halten wir uns doch die meiste Zeit des Tages in unserem multifunktionalen Anbau oder auf der Hochterrasse auf“, stellt André Bajorat sichtlich zufrieden fest.
Offener Erlebensraum
Frühstück unter freiem Himmel oder Tea for three hinter einer großen Schiebetür aus Glas – die Entscheidung treffen Annette Roth und André Bajorat nach Lust und Wetterlaune. Auch Töchterchen Lilith dürfte an dem sonnendurchfluteten Anbau ihre helle Freude haben. Ebenso wie ‚Chefkoch’, ein ausgewachsener Golden Retriever, der über Anbau, Haus und Garten wacht.
Autor: Achim Zielke
Bautafel
Wohnhaus Dr. Annette Roth/André M. Bajorat
Fassade: dunkelrot geklinkert, norddeutscher Stil
Baujahr des Altbaus: 1920
Standort: Pinneberg/Schleswig-Holstein
Wohnfläche: 160 m²
Grundstücksgröße: 760 m²
Erwerbsjahr Haus mit Grundstück: 2004
Nutzfläche alter Anbautrakt: 20 m²
(2006 abgerissen)
Bauvorhaben:
Räumliche Erweiterung eines bestehenden Einfamilienhauses um einen neuen Holzanbau (Fassadenfläche: 70 m², Wohnfläche: 30 m²) nebst freitragender Terrasse
Planung Erweiterungsanbau: 2006
Bau- und Fertigstellungsjahr des Holzanbaus: 2007
Dämmung:
INTHERMO WDVS an Sockel- und Giebelflächen;
INTHERMO-Holzfaserdämmplatten, 40 mm, auf gezimmertem Holzständerwerk im hinterlüfteten Fassadenaufbau
Verkleidung aus thermisch behandeltem Holz
(= finnische Fichte, 36 Stunden bei 240 °C kammergetrocknet)
Putzsystem:
Grundputz/Armierung/Silikonharzputz INTHERMO Basalt 16 mit 2 mm Körnung, Kratzstruktur
Besonderheit: Wechsel von Putzfassade und hinterlüfteter Holzlattenkonstruktion
Entwurfsplanung:
Dipl.-Architektin Britta Clemens
64285 Darmstadt/Hessen
britta.clemens@gmx.de
Bauleitung und Umsetzung:
Zimmerermeister Christian Lange
c/o Tischlerei-Zimmerei Lange
Ossenpadd 8
25421 Pinneberg
zimmerei-lange_pinneberg@t-online.de
www.lange-pinneberg.de