Dass das Design sogar bei Produktiv-Software wie den gemessenen Textverarbeitungs-Programmen so relevant ist, überrascht selbst die Berater. „Eine derartige Relevanz des Designs hatten wir nicht erwartet“, bestätigt Claude Toussaint, Geschäftsführer von designaffairs und Mitinhaber der Agentur. Dabei lassen sich mit der neuen Messmethode feine Unterschiede zwischen Desktop- und Tablet-Software feststellen: Wo im Desktop-Bereich Design ein Hygienefaktor ist, beweist es sich bei mobilen Applikationen als absolut ausschlaggebender Begeisterungsfaktor. Über alle Nutzergruppen hinweg ist der Bedienkomfort, d.h. smarte Funktionen, der wichtigste Hygienefaktor. Das überraschendste Ergebnis der Studie ist aber die große Bedeutsamkeit des Marken- und Produkt-Images für die Gesamtbewertung von Office-Software. Wie ist das zu erklären und was heißt das für die Software-Branche?
„Bei Kaufentscheidungen überwiegen häufig emotionale Erfahrungen gegenüber rationalen Argumenten“, erläutert Toussaint. Entsprechend spielen bei komplexen Produkten Sekundärmerkmale wie Seriosität und Attraktivität des Herstellers eine maßgebliche Rolle. „Wie sonst ist zu erklären, dass Autokäufer bei der zweitteuersten Anschaffung ihres Lebens so stark auf Ästhetik und Bauchgefühl setzen und qualitativ messbare Performance-Kriterien oft vernachlässigen?“, so der Designexperte weiter. In der Automobil-Branche wird daher schon lange und aus gutem Grund auf Markenimage und Emotionen gesetzt und sehr gezielt in sekundäre Merkmale und Begeisterungsfaktoren investiert.
Dieses Verständnis ist in der Software-Industrie noch kaum verbreitet. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Bei der strategischen Produktausrichtung werden Features und Performance immer noch weit höher priorisiert als User Experience und smarte Funktionen. „Unsere Studie bestätigt zum wiederholten Male, dass der Schlüssel für nachhaltige Differenzierung und Wachstum vor allem in der qualitativen Innovation der Software-Produkte liegt“, erklärt Toussaint. „Die Frage ist also nicht ob, sondern welche Software-Anbieter sich diesem Umdenken zuerst anschließen.“