„Die Akupunktur ist eines der am besten nachgewiesenen Verfahren in der Behandlung chronischer Schmerzen“, erklärt Privatdozent Dr. Dominik Irnich, Mitautor der am 2. Dezember im renommierten Journal of Pain der American Pain Society veröffentlichten Studie. Irnich ist Wissenschaftler und leitender Arzt der Schmerzambulanz an der LMU München sowie 1. Vorsitzender der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA). Er betont, dass die in Deutschland noch weit verbreitete Meinung, die Wirkung von Akupunktur sei nicht besser als eine Placebo-Therapie oder es sei egal, wohin man sticht, mit der vorliegenden Studie endgültig der Vergangenheit angehöre. „Im Prinzip ist nun jeder Arzt verpflichtet, den Patienten auf die Möglichkeit der Akupunktur bei den in der Studie analysierten Indikationen hinzuweisen“, so Irnich.
Über 20.800 individuelle Patientendaten aus 39 randomisiert-kontrollierten Studien haben Andrew J. Vickers, Forschungsmethodiker und Biostatistiker im New Yorker Memorial Sloan Kettering Cancer Center und seine Kollegen ausgewertet. Ihre Analyse belegt nachhaltig die Wirksamkeit der Akupunktur bei Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schmerzen bei Kniegelenksarthrose und Schulterschmerz. Die Wissenschaftler konnten außerdem aufzeigen, dass die therapeutische Wirksamkeit der Akupunktur nicht allein über den Placebo-Effekt erklärt werden kann: Die Nadeltherapie ist Placebo- und anderen Kontrollverfahren sogar deutlich überlegen. Bemerkenswert ist der nachgewiesene Behandlungseffekt der Nadeln. Dieser hält, bei einer Abnahme von lediglich 15% der Effektstärke, über zwölf Monate an.
Da die aufwendige Meta-Analyse auf den Primärdaten der jeweiligen referierten Studien basiert, ist sie gängigen Auswertungen, die Studienergebnisse zusammenfassen, deutlich überlegen. Die gewählte Methode gilt als die aktuell verlässlichste, um medizinische Fragestellungen anzugehen, die durch Einzelstudien nicht ausreichend geklärt werden konnten.
Dennoch sollte Akupunktur nicht überbewertet oder gar als Allheilmittel verstanden werden. Irnich unterstreicht, dass chronische Schmerzpatienten, die beispielsweise seit vielen Jahren unter Rückenschmerz leiden, auch durch Akupunktur nicht für immer geheilt werden können. „Hier sollten interdisziplinäre, multimodale Schmerztherapien, die nachweislich zur Schmerzlinderung beitragen und sowohl biologische als auch psychische und soziale Ursachen des chronischen Schmerzes berücksichtigen, verstärkt in den Fokus der Mediziner rücken“, so Irnich. Aus Sicht der DÄGfA, die sich seit 1951 für ein hohes Niveau der Akupunkturausbildung von Ärzten einsetzt, gehört die Akupunktur deshalb zwingend in ärztliche Hände. Auch weil sie als invasives Verfahren eine entsprechend fundierte ärztliche Indikation erfordert.
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