Eine Atherosklerose, also eine „Verkalkung“ arterieller Blutgefäße, gibt es nicht nur an den Herzkranzgefäßen. Auch die Arterien der Beine sind häufig von Atherosklerose betroffen. Mediziner sprechen dann von einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder PAVK. Sie wird im Volksmund manchmal auch „Schaufenster-Erkrankung“ genannt, weil die Patienten nur noch eine begrenzte Strecke schmerzfrei gehen können. Danach bleiben sie stehen und machen eine Pause, ähnlich wie ein Spaziergänger, der sich Schaufensterauslagen ansieht.
Die PAVK ist überwiegend eine Erkrankung älterer Menschen: Jenseits des 70. Lebensjahrs ist etwa jeder Fünfte davon betroffen. Die meisten betroffenen Patienten lassen sich mit Hilfe von Katheter-Therapien gut behandeln: Die Engstellen werden mit einem Ballonkatheter erweitert. Das verbessert die Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung des Beins. Die Schmerzen nehmen ab, die schmerzfreie Gehstrecke wird länger.
Weniger Restenosen und weniger erneute Eingriffe bei beschichteten Ballons
Die traditionellen Ballonkatheter-Therapien haben allerdings einen gewichtigen Nachteil, erläutert Prof. Dr. Ulrich Speck vom Institut für Radiologie der Charité Berlin: „Bei jeder zweiten bis dritten der mit konventionellen Ballons aufgeweiteten Engstellen kommt es nach einer Ballondilatation im Laufe der Zeit zu Restenosen.“ Das heißt, die aufgeweiteten Arterien werden wieder weniger durchgängig, weil sich Zellen in der Blutgefäßwand vermehrt teilen und so den Gefäßinnenraum verengen. Viele Patienten merken das recht bald: Die Beschwerden, die nach der Katheter-Therapie verschwunden waren, kommen wieder.
Es gibt aber einen Ausweg aus dieser Problematik: „Mit neueren Ballonkathetern, die mit Medikamenten beschichtet sind, lässt sich ein Großteil der Restenosen verhindern“, so Prof. Speck. Nicht jeder zweite bis dritte, sondern nur etwa jeder zehnte bis zwanzigste Patient, der mit einem medikamentenfreisetzenden Ballon behandelt wird, entwickelt eine Restenose. „Für die Patienten ist das ein enormer Fortschritt. Sie sind länger beschwerdefrei. Und sie benötigen seltener erneute Kathetereingriffe“, betont er anlässlich eines Überblicks zu medikamentenfreisetzenden Techniken bei der PAVK beim 99. Deutschen Röntgenkongress. Speck und seine Arbeitsgruppe an der Charité waren an der Entwicklung beschichteter Ballons für die Beinarterien maßgeblich beteiligt.
„Der Patient kann nur gewinnen“
Wie funktionieren die beschichteten Ballons? Auf der Oberfläche des Ballons befinden sich feine Körner des Medikaments Paclitaxel, das das Zellwachstum hemmt. Wird der Ballon aufgeblasen, werden die Medikamentenkörner in die Wand des Blutgefäßes gedrückt und verbleiben dort. Sie wirken dann über einen längeren Zeitraum hinweg auf die Zellen der Gefäßwand ein. Überschießendes Zellwachstum und damit Restenosen werden verhindert.
Paclitaxel kommt eigentlich aus der Krebsmedizin. „Wir hatten deswegen anfangs die Sorge vor Nebenwirkungen“, so Speck. Das hat sich aber nicht bewahrheitet. Vielmehr löst sich Paclitaxel langsam auf und wirkt stark am Ort der Ballondilatation, nicht dagegen im restlichen Körper: „Mittlerweile wurden über 100.000 Patienten mit derartigen Ballons behandelt. Es gibt keine Hinweise auf relevante Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Beschichtung.“ Insbesondere bei Stenosen der Oberschenkelarterien scheint die Behandlung in vielen Fällen optimal: „Sie hat keine Nachteile, die Patienten können dadurch nur gewinnen“, so Speck.