Immer mehr Fernsehzuschauer erleben es in ihrem Wohnzimmer: Kaum ist der neue TV-Flachbildschirm mit Rundfunksignalen und Internet versorgt, da beginnt der Spaß. Immerhin bietet der neue Smart-TV nicht nur wie das alte Gerät Fernsehprogramme, sondern hat auch ein App-Portal und die roten Teletext-Taste der Fernbedienung zaubert im laufenden Programm auf Knopfdruck zusätzliche Online-Dienste des jeweiligen Senders auf den Bildschirm.
Mittlerweile 23,8 Millionen internetfähige Empfangsgeräte wurden laut GfK Retail & Technology in Deutschland verkauft und 52 Prozent (12,4 Mio) unterstützen inzwischen den interaktiven Standard HbbTV. Auch die aktuellen Anschlusszahlen beweisen das wachsende Interesse der Zuschauer: So geht die gfu - Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik in ihrer jüngsten Erhebung davon aus, dass 72 Prozent der smarten Geräte eine aktive Web-Verbindung haben. TV- Sender wie Medienhäuser berichten von dreistelligen Zuwachsraten beim Bewegtbild-Abruf via Smart-TV aus ihren Videoportalen.
Aber noch nicht alle Fernsehzuschauer nutzen die interaktive Fernsehwelt. Bei den Gründen für die Ablehnung werden laut gfu-Analyse neben technischen Hürden wie dem zu wenig leistungsfähigem Internetanschluss auch Schwierigkeiten bei der Handhabung der Online-Angebote genannt. Das hat die Deutsche TV-Plattform veranlasst, im Frühjahr 2014 eine Usability-Studie von HbbTV-Diensten in Auftrag zu geben.
Ein mehrköpfiges Team um Prof. Dr. Sven Pagel von der Hochschule Mainz hat diese qualitative explorative Untersuchung im Mehr-Methoden-Design durchgeführt. Dabei mussten 26 in einem Screening-Verfahren ausgesuchte Teilnehmer nicht nur im Testlabor unter Kamerabeobachtung und Blickregistrierung bestimmte Aufgaben an Smart-TVs lösen, sondern wurden auch im Anschluss ausführlich interviewt. Dabei ging es sowohl um die Handhabung von HbbTV-Applikationen acht verschiedener Anbieter wie auch die Usability von Smart-TV-Geräten und den jeweiligen Fernbedienungen von vier verschiedenen Herstellern.
"Unser Ziel war es, einheitliche sender- und geräteübergreifende Standards zu identifizieren", sagt Prof. Pagel, "die auch über die spezifischen Dienste und Geräte hinaus von Bedeutung sind." Anknüpfend an eine 2011 im Auftrag der Deutschen TV-Plattform durchgeführten Studie der TU Ilmenau geben auch die Mainzer Forscher weitreichende Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Usability beim smarten Fernsehen für Sender und Hersteller. Selbst Anregungen für eine "ideale Fernbedienung" wurden mit Hilfe der Probanden ermittelt. Diese sollte klar strukturiert sein und hat idealerweise ein zentral positioniertes Steuerkreuz, das sich von den anderen Tasten abhebt.
Zu den Tipps für TV-Sender gehören etwa kürzere, lesbare Texte in Navigationselementen, stärkere grafische Gestaltung mit Orientierungspunkten in dynamischen Startleisten, klar erkennbare Cursorsteuerung und einheitliche Verwendung von Farbtasten für bestimmte Funktionen - allerdings ohne Doppelbelegung. Den Geräteherstellern von Smart-TVs empfehlen die Forscher, Ladevorgänge für Inhalte immer anzuzeigen und diese so kurz als möglich zu halten. Für die Videosteuerung sollten neben den klassischen TV-Fernbedienungstasten auch möglichst leicht zu bedienende Onscreen-Steuerelemente den Bewegtbildabruf befördern.
"Unsere Bemühungen zielen auf einen konstruktiven Beitrag zur Entfaltung von Smart-TV mit HbbTV", sagt Jürgen Sewczyk als AG-Leiter und Vorstandsmitglied der Deutschen TV-Plattform: "Nur wenn die Kunden intuitiv das smarte Fernsehen nutzen können, gibt es weitere Impulse für eine erfolgreiche Marktentfaltung."
Die neueste Usability-Analyse im Auftrag der Deutschen TV-Plattform ist ebenso wie aktuelle Infografiken zum Smart-TV/HbbTV-Gerätemarkt im Internetauftritt der Deutschen TV-Plattform unter www.tv-plattform.de verfügbar. Dort gibt es auch Publikationen zum Thema "Internet & TV" der AG Smart-TV sowie den anderen Arbeitsgruppen des Vereins.