PISA ist die weltweit größte Schulleistungsstudie und untersucht die Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen. Die diesjährigen Ergebnisse sind die niedrigsten Werte, die jemals im Rahmen von PISA in Deutschland gemessen wurden. Die Anteile der besonders leistungsschwachen Jugendlichen sind hoch: In Mathematik sind es rund 30 Prozent, im Lesen rund 26 Prozent und in den Naturwissenschaften rund 23 Prozent.
Dies ist für den Didacta Verband, den Verband der Bildungswirtschaft, Grund genug, Stellung zu beziehen. „Die Schule als zentraler Ort für Bildungsprozesse benötigt tiefgreifende Reformprozesse. Kinder und Jugendliche benötigen heute andere Kompetenzen als noch vor einigen Jahren. Es kommt heute nicht mehr primär darauf an, Wissen zu transferieren, sondern darum, Wissen zu vernetzen und richtig zu nutzen. Schule muss hierauf vorbereiten“, so Dr. Theodor Niehaus, Präsident des Didacta Verbands.
Der Verband führt sechs Punkte auf, die unerlässlich sind, um Schülerinnen und Schülern eine zeitgemäße Bildung zu ermöglichen und Deutschland damit wettbewerbs- und zukunftsfähig zu halten.
Digitale Tools sinnvoll nutzen und Digitalisierung vorantreiben
Die Gestaltung von neuen Bildungsprozessen, abseits vom Frontalunterricht, benötigt Zeit. Ebenso die direkte Interaktion mit den Kindern und Jugendlichen, die erfolgreiches Lernen erst ermöglicht. Der Lehrkräftemangel verstärkt den Druck auf Lehrerinnen und Lehrer.
Einerseits wird daher mehr lehrstützendes Personal wie Schulpsychologinnen und -psychologen oder Verwaltungskräfte benötigt. Andererseits bietet die Digitalisierung Erleichterung im Lehralltag: Sie erlaubt es Lehrkräften, Zeit einzusparen und flexibler zu arbeiten, denn Routinearbeiten können oft durch digitale Tools vereinfacht werden. Gestaltung und Dokumentation von Bildungsprozessen lassen sich digital vorbereiten und durchführen. Digitale Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte vereinfachen Fortbildungen. Indem man die Belastung durch Routinearbeit verringert, werden größere Freiräume für das Lernen geschaffen. Insofern ist es von entscheidender Bedeutung, den DigitalPakt Schule fortzuführen bzw. für eine Verstetigung der Finanzierung zu sorgen. Didaktische Konzepte sollten die Grundlage der Nutzung digitaler Lösungen sein. So werden die Voraussetzungen für Lehrkräfte geschaffen, flexibler zu handeln und gezielter auf die Schülerinnen und Schüler einzugehen.
Ausbildung der Lehrkräfte anpassen
Die finanzielle und materielle Ausstattung der Universitäten, war für das Lehramt lange Zeit mangelhaft. Es müssen mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, um eine zeitgemäße Ausbildung zu sichern. Die Inhalte in der Lehrkräfteausbildung müssen sich stärker an den Realitäten der modernen Welt orientieren und neben neuen Lehrmethoden auch Themen wie beispielsweise Digitalisierung, ökonomische Bildung und nachhaltige Entwicklung beinhalten. Mehr Praxisbezug schon zu Beginn des Studiums ist ebenso bedeutsam.
Quer- und Seiteneinsteigern kann durch Zusatzqualifikationen und umfassende didaktische Erfahrungsmöglichkeiten der Zugang zum Lehrberuf ermöglicht werden. Darüber hinaus sollte die Ausbildung zur Lehrkraft in ein Fort- und Weiterbildungsprogramm integriert sein, das mit einer regelmäßigen Evaluation verbunden ist.
Mehr Flexibilität im Beruf – bspw. weiterhin Teilzeit zu ermöglichen –, mehr Entscheidungsfreiheit und die Entlastung von Verwaltungsaufgaben sind weitere Punkte, die den Lehrerberuf wieder attraktiver machen können.
Frühe Bildung stärken
Die Bildungsforschung zeigt: Schon in den ersten Lebensjahren werden bei Kindern die Grundlagen für späteres erfolgreiches Lernen und damit für gute Entwicklungs-, Teilhabe- und Aufstiegschancen gelegt. Da die frühkindliche Bildung die Basis für viele Unterrichtsinhalte der Grundschule bildet, muss sie als erste Station im Bildungssystem gestärkt werden. Investition in die Einrichtung, Personal und Ausstattung der frühen Bildung ist eine nachhaltige Investition in unsere Zukunft.
Planungssicherheit bieten
Für die langfristige Planung und Umsetzung der oben genannten Maßnahmen werden die entsprechenden Ressourcen benötigt. Ein sicheres Bildungsbudget ermöglicht Flexibilität in der Planung, um auf die ständig wechselnden Anforderungen angemessen reagieren zu können. Laut aktuellem OECD-Bildungsbericht investiert Deutschland im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt weniger in Bildung als der OECD-Durchschnitt. Mit einer Erhöhung des Budgets können wir den aktuellen Herausforderungen besser gegenübertreten.
Stetigen Dialog- und Reformprozess starten
Der Didacta Verband erneuert seinen Appell zu einem Nationalen Bildungsgipfel, der unter dem Hashtag #NeustartBildungJetzt bekannt ist, und einen umfassenden Reformprozess in Gang setzen soll. Zusammen mit den unterstützenden Organisationen bietet der Verband an, an diesem Prozess mitzuwirken. Vertreter und Vertreterinnen aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft können gemeinsam die Weichen für ein leistungsfähigeres und chancengerechteres Bildungssystem stellen. Das Wissen der Bildungswirtschaft ist hierbei eine wertvolle Ressource.
Der Didacta Verband hat ein Positionspapier zum DigitalPakt Schule verfasst, das hier zu finden ist: download.php (didacta.de)
Auf der kommenden didacta – die Bildungsmesse in Köln wird es zahlreiche Vorträge und Panels zum Bildungssystem Schule geben, unter anderem am 20.2.2024 um 12.30 Uhr die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Rolltreppe abwärts? 20 Jahre nach dem PISA-Schock“. Es diskutieren unter anderem Martina Zilla Seifert, ehem. Schulleiterin und Teil der Initiative „Bildungswende jetzt!“ und Frau Prof. Dr. Julia Knopf, Universität des Saarlandes. Mehr Infos in Kürze unter Event Schulische Bildung | didacta (didacta-koeln.de)