Die neue Studie „H2-Infrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr“, die von der Plattform H2BW herausgegeben und von der Landesagentur e-mobil BW koordiniert wurde, untersucht das Potenzial von Wasserstoff (H2) im Schwerlastverkehr mit Blick auf den aktuellen Entwicklungsstand und mögliche Perspektiven. Sie legt das große zeitliche Spannungsfeld offen, das sich einerseits aus den für 2030 definierten Sektorzielen und anderseits aus der derzeitigen Technologiereife und dem Standardisierung- und Normierungstand der Tankprotokolle oder relevanter Bauteile ergibt.
Aktuelles Druckniveau von 350 Bar bietet zu geringe Reichweite
Wasserstoff wird bei Bussen und LKW heute überwiegend mit 350 Bar (=35 Megapascal (MPa)), getankt. Die relativ geringe Verdichtung des Gases führt zu voluminösen Tanks, die entweder das Nutzvolumen und die Nutzlast weit einschränken oder bei kleinerer Dimensionierung zu einer limitierten Reichweite führen. Gerade im Straßengüterfernverkehr gilt es, die Energiedichte des Kraftstoffes zu erhöhen.
Höhere Druckniveaus und andere Aggregatzustände von Wasserstoff als Lösungsoptionen
Das Autorenteam von der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. vergleicht in der Studie drei H2-Kraftstoffoptionen und ihren jeweiligen Entwicklungsstand: die Druckbetankung von gasförmigem H2 (700 Bar/ 70 MPa), die Betankung mit tiefkaltem Flüssigwasserstoff (sLH2) und die Betankung mit tiefkaltem Druckwasserstoff (CcH2). Alle drei Varianten haben spezifische Vor- und Nachteile, z.B. bei der Technologiereife oder Anzahl der Marktakteure. Mit allen drei Optionen kann die Energiemenge im verfügbaren Bauraum erhöht werden, sodass die für den Massenmarkt attraktiven ca. 1.000 Kilometer Reichweite erreicht werden können.
Zügige Standardisierung, Normierung und Kostensenkung haben höchste Priorität
Aktuell liegen für keine der untersuchten Optionen standardisierte Betankungsprotokolle oder Normungen, beispielsweise für Betankungskupplungen oder Füllstützen, vor. Diese sind bedeutend für die Skalierung zu einem Massenmarkt. Auch kostenseitig analysiert die Studie die Herausforderungen, um eine Preisparität zum Diesel-LKW und damit auch den Markthochlauf zu erreichen. Dazu müssen alle Potenziale zu Kostensenkungen (z.B. Massenfertigung, hohe Auslastung der Tankinfrastruktur, optimierte Versorgungskonzepte) konsequent erschlossen werden. Auch weitere Rahmenbedingungen, wie die Kraftstoffbesteuerung und CO2-Preise sind anzupassen, um eine Lenkungswirkung zu erzielen.
Ausblick: Erproben, fördern und begleiten
„Um das Potenzial von Wasserstoff im Bereich schwerer Nutzfahrzeuge auf der Langstrecke zu heben und um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, bietet unsere Studie konkrete Anknüpfungspunkte zum Handeln“, sagt Franz Loogen von der Landesagentur e-mobil BW. „Mit unseren Aktivitäten im Cluster Brennstoffzelle BW oder in der Plattform H2BW unterstützen wir Industrie, Wissenschaft und Politik, die Studienergebnisse in Projekte, Förderungen und Wissensangebote zu übersetzen.“
Neben dem verstärkten Aufbau von Demonstrationsprojekten und ihrer wissenschaftlichen Begleitung, empfiehlt die Studie der Plattform H2BW auch eine geeignete Förderkulisse für den Aufbau von H2-Infrastruktur zeitnah umzusetzen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert derzeit im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie den Aufbau öffentlicher Wasserstofftankstellen, der Schwerpunkt der Förderung liegt auf Tankstellen im Straßenverkehr für schwere Nutzfahrzeuge.
Alle Publikationen der Landesagentur e-mobil BW sowie die neue Studie „H2-Infrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr“ stehen kostenfrei unter www.e-mobilbw.de/... zur Verfügung.