Deutschlandkarten gibt es in jeglicher Ausführung. – geographisch, politisch, historisch. Echobot interpretiert Deutschland mal anders und hat mit den vorhandenen Daten zu Firmenumzügen im letzten Jahr eine Karte allein aus Umzugsbewegungen erstellt.
Auffallend: die Städte stechen als Knotenpunkte deutlich hervor. Was steckt dahinter und was verraten diesen Wanderrouten über die deutsche Firmenlandschaft und die vermeintliche Anziehungskraft von Großstädten?
Die Firmen-Umzugsbilanz* fällt im Schnitt nur bei Städten unter 40.000 Einwohnern positiv aus. Das heißt, Großstädte verlieren im Durchschnitt mehr Firmen durch Fortzüge als sie durch Zuzüge gewinnen. Lässt das auf eine Stadtflucht von Unternehmen schließen?
Am Beispiel der Stadt Stuttgart ist deutlich zu erkennen, dass die meisten Bewegungen aus der Stadt ins nähere Umland stattfinden (Die Grafik zeigt die Zuzüge in rot und die Fortzüge in blau). Die beliebtesten Standorte sind hier Fellbach und Leinfelden-Echterdingen. Der Forschungsleiter Dr. Matthias Keller sieht zwei mögliche Gründe, warum Firmen der Stadt den Rücken kehren: „Die Gründe für einen Wegzug müssen nicht extern sein, also in einer sinkenden Attraktivität der Stadt begründet liegen. Interne Ursachen, wie Wachstum und steigender Bedarf an Räumlichkeiten sind ebenso denkbar.“
Von einer regelrechten Stadtflucht kann aber nicht die Rede sein. Die Untersuchung hat ergeben, dass nur 19,2% der Umzüge überhaupt das Stadtgebiet verlassen. Davon ziehen 57% in einen Umkreis von höchstens 20 km Entfernung. Echobot hat also diesen Radius mit eingerechnet und die Städte für die Analyse zur Metropolregion ausgeweitet. Betrachtet man dann die Umzüge zwischen den Regionen der größten deutschen Städte, ergibt sich nicht nur metaphorisch ein buntes Bild. Die farblichen Verbindungen markieren die meisten Umzugsrouten der Firmen von einer Region in die andere. Das Fazit: Aus München ziehen Firmen in nahezu jede andere Region um. Berlin hingegen weist die größte Vielfalt an Firmen-Zuzügen aus anderen Regionen auf.
Stellt man eine Rangliste nach Firmen-Umzugsbilanz aller Metropolregionen auf, dann hat Münster die Nase vorn:
1. Münster
2. Mönchengladbach
3. Berlin
…
37. Erfurt
38. Wuppertal
39. Chemnitz
Die Rangliste birgt Überraschungen: München etwa liegt abgeschlagen auf Platz 27. Warum ziehen in dieser eigentlich beliebten Stadt so viele Firmen fort? Dr. Keller zieht die Mietpreise als Ursache in Erwägung. Diese Überlegung erweitert die Hitliste um eine weitere Dimension. Städte wie Münster, Berlin und Mainz zählen dabei zu den Gewinnern, die trotz hoher Mietpreise ein Wachstum durch Firmenzuzüge zu verzeichnen haben. Dagegen müssen einige in Ostdeutschland angesiedelte Städte, wie Dresden, Erfurt und Chemnitz, trotz der günstigen Mieten zusehen, wie ihre Unternehmenslandschaft dünner wird.
*Firmen-Umzugsbilanz= (Firmenzuzüge-Firmenfortzüge)/(Anzahl der Umzüge)
Über die Untersuchungsmethode:
Datenbasis sind Änderungen der Anschrift von Kapitalgesellschaften der Jahre 2015-2017, wie sie im Handelsregister aufgeführt werden. Die Daten wurden bereinigt, um Verzerrungen durch Vorratsgesellschaften und Mantelgesellschaften gering zu halten. Zur Metropolregion wurden neben dem eigentlichen Stadtgebiet auch Gebiete in einem Radius von 10 km (bzw. von 20 km bei Städten über 500 000 Einwohner) gezählt, wenn die Zuordnung eindeutig war (d.h. keine anderen Großstadt in ähnlicher Entfernung lag). Zur Berechnung von Zu- oder Fortzügen einer Metropolregion wurden nur Adressänderungen berücksichtigt, die eine Distanz von 50 km zum Stadtzentrum der jeweiligen Metropole überschritten.