Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses ist gescheitert. Der Bundestag stimmte daher dem Jahressteuergesetz (JStG) 2022 und auch den Änderungen im Bewertungsgesetz am 16. Dezember 2022 zu und verabschiedete das Gesetz.
Das Ertragswertverfahren ändert sich
Durch das JStG 2022 will der Gesetzgeber Parameter des Ertragswertverfahrens auf verschiedenen Ebenen ändern. Nicht nur die Liegenschaftszinsätze in Paragraph 188 (2) Bewertungsgesetz (BewG) will er anpassen (Artikel 12 Nr. 9 JStG 2022). Er will auch die Gesamtnutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre anheben. Das gilt für
- Ein- und Zweifamilienhäuser,
- Mietwohngrundstücke,
- Mehrfamilienhäuser,
- Wohnungseigentum sowie
- gemischt genutzte Grundstücke (Wohnhäuser und Mischnutzung)
Neue Regeln für die Bewirtschaftungskosten
Bisher waren die pauschalierten Bewirtschaftungskosten der Anlage 23 in Prozentwerten in Abhängigkeit der Restnutzungsdauer angegeben. In der durch das JStG 2022 geänderten Anlage 23 lassen sich die Bewirtschaftungskosten in Abhängigkeit der Nutzung unterteilen und teilweise durch absolute Werte ersetzen.
Beispielrechnung: Mietwohngrundstück (Baujahr 2000) mit einfacher Ausstattung ohne durchgreifende Renovierung.
Insbesondere in ballungsraumnahen Gegenden, in denen der Gutachterausschuss keine Liegenschaftszinssätze veröffentlicht, hat dies weitreichende Auswirkungen, zum Beispiel im Landkreis München. Gestaltungen, wie das Zusammenlegen mehrerer Wohnungen (Sachwertverfahren) zu einem Mietwohngrundstück (Ertragswertverfahren), können also zukünftig weniger steuerliche Vorteile bringen als bisher. Tatsächlich führt das Ergebnis aber oftmals zu realistischeren Grundbesitzwerten.
Änderung beim Sachwertverfahren
Durch das JStG 2022 ergeben sich auch Änderungen beim Sachwertverfahren. Zum einen wirkt sich die Änderung der Nutzungsdauer von Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken, Mehrfamilienhäusern, Wohnungseigentum sowie von gemischt genutzten Grundstücken (Wohnhäuser und Mischnutzung) von 70 auf 80 Jahre aus. Diese Änderung setzt den Abzug der Alterswertminderung herab. Zum anderen beschreibt Nummer 11 des Artikels 12 im Regierungsentwurf signifikante Änderungen des Paragraphen 190 BewG:
Ermittlung des Gebäudesachwerts
Der Sachwert des Gebäudes ist zukünftig nach folgender Rechnung zu ermitteln:
Durchschnittliche Herstellungskosten:
Die durchschnittlichen Herstellungskosten errechnen sich durch die Multiplikation der Regelherstellungskosten (gemäß der Absätze 1 und 2 des Paragraphen 190 BewG) mit der Brutto-Grundfläche des Gebäudes sowie dem Baupreisindex nach dem neuen Absatz 4 (dem ehemaligen Absatz 2 des Paragraphen 190 BewG). Zum Jahreswechsel werden auch die Regelherstellungskosten angepasst.
Regionalfaktor:
Dieser Faktor ergibt sich dabei aus dem neuen Absatz 5 in Paragraph 190 BewG. Durch Regionalfaktoren lässt sich der Unterschied zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau berücksichtigen. Liegt dabei kein Regionalfaktor des Gutachterausschusses vor, ist ein Wert von 1,0 anzuwenden.
Alterswertminderungsfaktor:
Dies entspricht dem Verhältnis der Restnutzungsdauer des Gebäudes am Bewertungsstichtag zur Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22. Die Restnutzungsdauer wird grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag ermittelt. Durch die Verlängerung der Nutzungsdauer der oben genannten Einheiten wird dieser Faktor im Durchschnitt geringer ausfallen. Das Alter des Gebäudes ist durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes vom Jahr des Bewertungsstichtags zu bestimmen.
Anpassung der Wertzahlen
Nummer 12 des Artikel 12 regelt auch eine Neufassung des Paragraphen 191 BewG, wie Wertzahlen anzuwenden sind. Ermitteln die Wertzahlen dabei nicht die Gutachterausschüsse, sind diese der Anlage 25 (zu Paragraph 191 Satz 2 BewG) zu entnehmen, die an das aktuelle Marktniveau angepasst sind.
Beispiel: Bei einem Einfamilienhaus, für das ein vorläufiger Sachwert (Bodenwert + Gebäudesachwert) von 400.000 Euro ermittelt wurde, bestand bei einem Bodenrichtwert von 500 Euro pro Quadratmeter bisher eine Wertzahl von 1,0. Das Jahressteuergesetz 2022 sieht für dieses Einfamilienhaus nun eine Wertzahl von 1,4 vor. Da die Wertzahl mit dem vorläufigen Sachwert zu multiplizieren ist, ergäbe sich in diesem Fall allein durch die Änderung der Wertzahlen eine Wertsteigerung des Grundstückes von 40 Prozent.
Beispielrechnung für ein Einfamilienhaus mit einfacher Ausstattung, 40 Jahre Restnutzungsdauer:
Fazit
„Die Änderungen des Jahressteuergesetzes 2022, die zum Stichtag 31. Dezember 2022 in Kraft treten, haben gravierende Auswirkungen auf Ertragswert- und Sachwertverfahren zur Grundstücksbewertung. Vor allem in dicht besiedelten Regionen ist davon auszugehen, dass die Grundbesitzwerte ansteigen“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Ayla Yagci-Seven in Augsburg.