Am 21. Juli 2023 ernannte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem Schreiben die Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“. Sie hat den Auftrag, ein weniger komplexes und zukunftsfähiges Steuerrecht auszuarbeiten, das sich gleichzeitig auch realistisch umsetzen lässt. Konkret soll die Anwendung des Rechts ressourcenschonender, nachweisärmer und digitaler werden.
Zeitgleich erarbeitet die Expertenkommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ Reformvorschläge für die Besteuerung von Unternehmen. Schnittmengen ergeben sich vor allem in der Besteuerung von betrieblichen Aktivitäten.
„Vereinfachte Unternehmensteuer“ reduziert Bürokratieaufwand
Am 12. Juli 2024 legte die Kommission „Vereinfachte Unternehmensteuer“ ihren Bericht vor, in dem sie Vorschläge zur Verbesserung der Besteuerung von Unternehmen formuliert hat. Ziel ist eine Strukturreform des geltenden Unternehmensteuerrechts. Dieses ist laut BMF derzeit noch zu ineffizient und überbürokratisch. Nach Ansicht der Experten ist ein Steuerrecht notwendig, das die Innovationskraft und die Risikobereitschaft der Unternehmen unterstützt. Das soll für kleine Familienbetriebe genauso gelten wie für Start-ups oder große DAX-Konzerne. Außerdem sollen Digitalisierung, Risikomanagement und kooperative Verfahrensregeln für Veranlagung und Betriebsprüfung die Unternehmen und die Finanzverwaltung entlasten.
Die Expertenkommission hat in ihrem Bericht konkrete Reformforderungen definiert. Unter anderem sollen Steuerpflichtige durch das „Once-Only“-Prinzip jede Information nur noch einmal den staatlichen Instanzen übermitteln müssen. Alle zuständigen Stellen haben dann Zugriff darauf. „Allein durch diese Maßnahme könnte das Bundesfinanzministerium den Bürokratieaufwand erheblich reduzieren“, sagt Ecovis-Steuerberater Stefan Lange. „Eigentlich ist die Umsetzung auch kein großer Aufwand. Ob die Politik jedoch den Mut hat, sich der Aufgabe einer grundlegenden Reform des Unternehmensteuerrechts zu stellen, bleibt offen.“
Expertenkommission „Bürgernahe Einkommensteuer“
Aufgrund der schlechten Datenlage und der engen zeitlichen Vorgaben konnten die Experten der Kommission „Bürgernahe Einkommensteuer“ nur punktuelle Verbesserungsvorschläge entwickeln. Jedoch fordern sie den Einsatz einer umfassenden Steuerreformkommission. Die Themenvorschläge der Expertenkommission umfassen unter anderem:
- Subventionen und steuerliche Lenkung: Laut den Experten sind die derzeitigen Subventions- und Lenkungsnormen häufig wenig zielführend, in ihren Finanzwirkungen kaum bestimmbar und meist sehr verwaltungs- und beratungsintensiv. Sie sollen – wenn überhaupt – zurückhaltend im Einkommensteuergesetz verankert werden. Bei bestehenden Normen wäre zu prüfen, ob diese noch notwendig sind.
- Gewinnpauschalierung bei Kleinunternehmern: Durch die Einführung von Pauschalierungsmethoden bei der Gewinnermittlung ließe sich der administrative Aufwand durch Aufzeichnungs- und Belegaufbewahrungspflichten deutlich verringern. Das wäre zum Beispiel durch eine Orientierung an der derzeitigen Kleinunternehmerregelung (Paragraph 19, Umsatzsteuergesetz, UStG) möglich. Demnach behandelt die Finanzverwaltung Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro nicht übersteigt, umsatzsteuerlich als Nichtunternehmer. Dieser Schwellenwert ließe sich auf 85.000 Euro anheben. Damit profitieren mehr Unternehmer von der Kleinunternehmerregelung. Auch ein pauschalierter Betriebsausgabenabzug in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Betriebseinnahmen würde Kleinunternehmer bei der Dokumentation ihrer Erwerbsaufwendungen sowie der Umsatzsteuer entlasten.
- Digitalisierung: Der Zustand der steuerlichen IT-Landschaft auf Ebene der Finanzverwaltung von Bund und Ländern ist bereits seit vielen Jahren nicht mehr marktgerecht. Großes Entbürokratisierungs- und Digitalisierungspotenzial gibt es beispielsweise bei der Übertragung und Verarbeitung von Steuerbescheiden. Der flächendeckende Einsatz digitaler Bescheide, verbunden mit deren verpflichtenden Bereitstellung in strukturierter Form, wäre für die Praxis eine erhebliche Erleichterung.
- Gewerbesteuer: Eine einheitliche Einkunftsart der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit könnte die Besteuerung der Gewinneinkunftsarten deutlich vereinfachen. Die unterschiedliche Steuerbelastung von selbstständigen und gewerblichen Einkünften ist für viele Steuerpflichtige nicht vollziehbar, da in der ökonomischen Betätigung zwischen den unterschiedlichen Gewinneinkunftsarten eher geringe Unterschiede bestehen. Schon lange fordern Unternehmen, die Gewerbesteuer durch eine andere mit Hebesatzrecht versehene wirtschaftsbezogene Steuerquelle zu ersetzen.
- Verzicht auf die Besteuerung von Arbeitszimmern: Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit soll eine als Werbungskosten abzugsfähige Arbeitspauschale eingeführt werden (Paragraph 19, Abs. 1, Nr. 1 Einkommensteuergesetz, EStG). Mit dieser Pauschale sollen sowohl die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte sowie Kosten für das Homeoffice steuerlich abgegolten sein. Wegen diverser möglicher Konstellationen ist der Verwaltungsaufwand insbesondere für die Finanzverwaltung extrem hoch. Daher lohnt sich eine pauschalisierende Vereinfachung. Detaillierte Abgrenzungsfragen zum Arbeitszimmer und dessen Behandlung würden sich weitgehend erübrigen.