Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion sei „kein erstrebenswertes Szenario“, betonte Ecovis-Vorstandsmitglied Rüchardt – nicht nur wegen der negativen wirtschaftlichen Folgen, die eine Rückkehr zur D-Mark und damit von starken Währungsschwankungen für die Exportnation Deutschland hätte. „Auch Europa würde um Jahrzehnte zurückgeworfen und in der Weltwirtschaft an Gewicht verlieren.“ Europa müsse aber auch in Zukunft eine starke Wirtschaftsregion bleiben. „Das ist die wesentliche Grundlage unseres weiteren Wohlstands.“ Allenfalls komme ein Euro-Ausstieg einzelner stark angeschlagener Länder, wie etwa Griechenland, in Frage.
„2012 ist“, so Jürgen Pfister, „das entscheidende Jahr“. Wenn es gelinge, „den Deckel auf die Staatsschulden der Krisenländer zu kriegen“, könne 2013 nicht nur in Deutschland, sondern auch im Euro-Raum insgesamt beim Wachstum „wieder eine Eins vor dem Komma stehen“.
Als ermutigend bezeichnete Pfister die gesunkenen Zinsen für italienische Staatsanleihen. „Das zeigt, dass die Märkte ernsthafte Reformanstrengungen, wie sie die Regierung Monti unternimmt, durchaus honorieren. Allerdings liegt vor Italien noch ein weiter Weg, um die hohe Staatsschuldenquote zu senken. Man kann nur hoffen, dass die politische Unterstützung für die notwendigen Maßnahmen von Dauer ist.“ Zudem stehe im März und April noch eine große Belastungsprobe an den Anleihemärkten bevor, wenn Frankreich und Italien große Volumina refinanzieren müssen.
Auch die Zeitbombe Griechenland ist nach Einschätzung Pfisters noch nicht entschärft. Schließlich stehen demnächst Neuwahlen an. Die Chancen der beiden großen Parteien stehen jedoch schlecht, sodass es fraglich ist, ob die neue Regierung noch zu den eingegangenen Verpflichtungen stehen wird. „Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro ist durchaus denkbar“, meint Pfister. „90 Prozent der griechischen Staatsanleihen sind nach griechischem Recht begeben. Das heißt, der Staat kann bei einer Wiedereinführung der Drachme die Anleihebedingungen entsprechend anpassen, sodass er sie nicht in Euro zurückzahlen muss.“
„Auch Portugal ist noch auf der Intensivstation“, so Pfister, „das gleichfalls unter mangelnder Wettbewerbsfähigkeit leidet“. In Spanien ist nicht die Staatsverschuldung das Problem, sondern die Belastung durch etwa 135 Mrd. Euro ausfallgefährdeter Bankkredite, insbesondere im Immobilienbereich. „Das kann natürlich auf die Zinsen für Staatsanleihen durchschlagen; wenn Spanien zum Beispiel sieben statt vier Prozent zahlen müsste, dann durchkreuzt das die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen der Regierung.“
Für Portugal und Spanien reiche der erweiterte Rettungsschirm gerade noch aus. „Entscheidend ist, dass Italien außen vor bleibt.“ Und die große Aufgabe, die noch zu lösen ist, heißt: „Wie lassen sich die Schuldenländer wieder auf Wachstumskurs bringen?“
Als „Glücksfall in der Krise“ erweist es sich laut Pfister, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft in der EU dank der anhaltend guten Binnenkonjunktur und der Exporte in die nach wie vor prosperierenden Schwellenländer in Asien und Südamerika, aber auch in die sich erholenden USA wirtschaftlich stabil bleibt. Eine Gefahr, dass die Konjunktur in China einbricht, wie manche Beobachter aufgrund der jüngst etwas rückläufigen Exporte befürchten, sieht er nicht. „Da werden Regierung und Notenbank rechtzeitig gegensteuern – und sie können das auch, mit einem Devisenpolster von drei Billionen US-Dollar.“
Entwarnung gibt der Konjunktur- und Finanzmarktexperte Pfister auch, was das Inflationsrisiko im Euro-Raum angeht. „Die Rettungskredite für Griechenland und womöglich andere Staaten dienen ja überwiegend der Refinanzierung von Schulden, und die Liquiditätshilfen der EZB für die Banken dienen dazu, diese zahlungsfähig zu halten, weil sie sich untereinander nicht mehr trauen und deshalb kein Geld leihen. Es fließt also kein zusätzliches Geld in die Realwirtschaft.“
Sorgen müssten sich eher die USA machen, die im Gegensatz zu Europa mit dem Abbau ihres gewaltigen Schuldenbergs noch nicht begonnen haben. „Das wird sich vor den Präsidentschaftswahlen im November auch nicht ändern.“ Das Problem werde aber ab 2013 akut: Schuldenabbau durch entschiedenes Sparen – mit der Gefahr einer Rezession – oder aber durch die Hintertür über höhere Inflation.
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