Hintergrund
Eltern erhalten Kindergeld für ihre volljährigen Kinder, wenn
- die Kinder noch nicht 25 Jahre alt sind und
- sich in einer Ausbildung befinden (zum Beispiel Medizinstudium).
- zeitlich und inhaltlich auf das Erststudium abgestimmt sein und
- Voraussetzung für das angestrebte Berufsziel sein.
Eine Medizinstudentin möchte Kinderärztin werden. Nach Abschluss ihres Studiums begann sie mit der Facharztausbildung. Für diese Zeit wollte die Mutter weiterhin Kindergeld. Das Finanzamt lehnte den Antrag jedoch ab, weil die Tochter das Studium beendet hat und sich auch nicht mehr in Ausbildung befindet.
Urteil
Nach Auffassung der Richter des Finanzgerichts Niedersachsen bekommen die Eltern für die Zeit der Facharztausbildung ihrer Tochter kein Kindergeld mehr (Urteil vom 17.11.2021, Aktenzeichen 9 K 114/21). Das Medizinstudium ist eine abgeschlossene Erstausbildung. Die Facharztweiterbildung zählts als Zweitausbildung beziehungsweise Weiterbildung.
Folgende Merkmale waren entscheidend:
- Sie arbeitet in Vollzeit (42 Stunden pro Woche).
- Sie bindet sich langfristig an einen Arbeitgeber (mindestens 60 Monate).
- Sie kann mit dem Studienabschluss schon voll als Ärztin arbeiten.
- Die Arbeitszeit übersteigt den Stundenumfang der Theorie (gemäß Weiterbildungsordnung).
Die Tochter verdiente als Ärztin in Weiterbildung ihr eigenes Geld und kann für sich selbst sorgen. Die Mutter ist nicht mehr auf das Kindergeld angewiesen.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (20.05.2022, Aktenzeichen III R 40/21). „Wir erwarten mit Spannung wie der Bundesfinanzhof zu diesem Thema steht. Entsprechende Bescheide sollten offen gehalten werden mit Verweis auf das beim BFH anhängige Verfahren“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Martin Fries in Aschaffenburg.
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