Eine Falschabrechnung liegt immer dann vor, wenn nicht alle Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt sind, die Leistungsziffer gleichwohl angesetzt wird und der unberechtigte Ansatz nicht ohne Weiteres aus dem Abrechnungsschein erkennbar ist. Dabei handelt es sich häufig um Leistungen, die überhaupt nicht erbracht worden sind, oder um einmalige Therapieleistungen, die als in zwei Sitzungen erbracht erklärt werden. Immer wieder passiert es auch, dass ganz oder teilweise vom Arzt persönlich zu erbringende Leistungen durch Dritte erbracht werden, obwohl kein Fall zulässiger Delegation oder Vertretung vorliegt. Insoweit liegt Betrug zulasten der Sozialversicherungen vor. Die Vollständigkeit aller erbrachten Leistungen versichert der Vertragsarzt in seiner Abrechnungssammelerklärung. Sie ist keine reine Formalie, sondern die Grundlage für den Honorarbescheid und damit Voraussetzung für die Entstehung seines Honoraranspruchs. Mit der Sammelerklärung garantiert er, dass die Angaben auf den eingereichten Datenträgern zutreffen. Ist sie falsch, ist daher grundsätzlich der gesamte Honorarbescheid rechtswidrig.
Zwar beeinträchtigt ein einfaches Versehen noch nicht die Garantiefunktion der Sammelerklärung (Sozialgericht Stuttgart, 19.7.2000 – S 10 KA 92/98). Doch im schlimmsten Fall ist die Quartalsabrechnung bei grob fahrlässigen Falschangaben insgesamt rechtswidrig und wird von der K(Z)V aufgehoben. Bei der Neufestsetzung haben die K(Z)Ven ein weites Schätzungsermessen. Die Zuerkennung des Fachgruppendurchschnitts wird dann im Regelfall nicht angreifbar sein, wenn der Fallwert laut Abrechnung diesen wesentlich überschreitet (Bundessozialgericht 17.9.1997 – 6 RKa 86/95).
Auch wenn der Vertragsarzt irrig davon ausgeht, in Besitz einer erforderlichen Abrechnungsgenehmigung zu sein, ist die Erklärung gegenüber der K(Z)V falsch. Die K(Z)V ist auch hier berechtigt, das Honorar zurückzufordern. Problematisch kann in diesem Fall sein, dass nicht nachvollziehbar ist, ob die Honorarforderung gegebenenfalls durch Regelungen des EBM-Ä oder des Honorarverteilungsmaßstabs begrenzt wird und folglich nicht klar ist, welchen Wert die zu Unrecht erbrachten Leistungen haben. § 106a Abs. 2 S. 6 SGB V stellt fest, dass regelmäßig für die Berechnung der Rückforderung der praxisindividuelle Punktwert maßgebend ist, soweit sich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kein anderer Maßstab aufdrängt (BSG 11.3.2009 – B 6 Ka 62/07 R).
Wer die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung lediglich fahrlässig nicht beachtet, muss mit Disziplinarmaßnahmen rechnen. Bei grob fahrlässigen Falschangaben droht ihm allerdings die Entziehung der Zulassung. Denn weil sich die ordnungsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen nur schwer nachprüfen lässt, ist das Vertrauen in die Korrektheit und damit Vollständigkeit der Erklärung der Ärzte für Leistungsabrechnung im GKV-System unverzichtbar (BSG 17.9.1997 – 6 RKa 86/95).
FAZIT:
Angesichts der weit-reichenden Konsequenzen ist höchste Sorgfalt bei der Erfassung der Abrechnungsdaten geboten. Zu beachten ist auch, dass nur kurzfristige Vertretungen im Sinne des § 32 Ärzte-ZV abrechenbar sind: Der Vertragsarzt muss aus einem besonderen Grund an der Ausübung seiner Praxis gehindert sein; er darf also nicht nur stundenweise abwesend, sondern die Praxis muss geschlossen sein (SG Marburg 8.12.2010 – S 12 KA 30/10). “
Autor: Marcus Bodem, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Berlin, marcus.bodem@ecovis.com
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