Jakob Fugger war zu seiner Zeit das, was heute Bill Gates oder Jeff Bezos sind: ein erfolgreicher Geschäftsmann, der von seinem Reichtum etwas zurückgeben wollte. Mitten in Augsburg baute Jakob Fugger eine Siedlung für bedürftige Augsburger. Seine Nachfahren verpflichtete er dazu, dass sich an dieser Stiftung nichts ändern darf – „auf ewig“ schrieb er in die Stiftungsurkunde von 1521.
Wer bei einer Führung durch die kleinen Gässchen der Siedlung schlendert und eine historische Wohnung besichtigt, kann sich gut vorstellen, wie das Leben hier früher war. Es gibt 142 rund 60 Quadratmeter große Wohnungen, die heute alle ein Bad haben. Die Stiftungsurkunde wirkt wie eine Mietpreisbremse: Nach wie vor zahlen die Mieter einen rheinischen Gulden Jahresmiete. Vor 500 Jahren entsprach das dem Wochenlohn eines Handwerkers. Heute sind es 88 Cent. Für Nebenkosten kommt jeder selbst auf.
Stiftungsidee sucht Nachahmer
„Den Tourismus haben wir erst vor ein paar Jahren als Geschäftsfeld entdeckt“, sagt Wolf-Dietrich Graf von Hundt. Seit 1998 ist der gelernte Betriebswirt und Steuerberater der Verwalter der Fuggerschen Stiftungen. Die jährlich 220.000 Besucher aus der ganzen Welt sind für die Fugger-Stiftung inzwischen eine wichtige Einnahmequelle. „Wir zeigen, was soziale Heimat heißt, und wir wollen so auch die Idee weitertragen“, sagt der Verwalter. Denn Stiftungen sind in Mode.
Die Warteliste für die Wohnungen in der Fuggerei ist lang. Die Auswahlkriterien: bedürftige, katholische Augsburger, die keine Wohnung finden. „Zurzeit bekommen oft Alleinerziehende den Zuschlag“, sagt Graf von Hundt. Ebenfalls ein Teil der Miete sind täglich drei Gebete. Sie sind neben der minimalen monetären auch eine spirituelle Gegenleistung, die die Begünstigten und die Stifter auf Augenhöhe bringen. „Und man ist tagsüber häufig von Touristen umgeben“, räumt er ein. Nachts um 22 Uhr schließt die Siedlung die Tore. Wer dennoch rein oder raus möchte, muss bis 24 Uhr 50 Cent und ab Mitternacht einen Euro an die ehrenamtlichen Nachtwächter zahlen. Das bietet den Bewohnern der ältesten Sozialsiedlung Schutz und gibt Sicherheit, dass es auch nachts einen Ansprechpartner gibt.
Ecovis testiert
Den Jahresabschluss der Fuggerschen Stiftungen testieren die Ecovis-Wirtschaftsprüfer in München. Steuerberater Martin Mayer weiß immer einen Rat: ob zur Umsatzsteuerpauschalierung im Forstbetrieb der Stiftung oder zu Umsatzsteuerfragen im gastronomischen Betrieb. Löhne und Gehälter bearbeitet das Lohnzentrum von Ecovis in Dingolfing. „Kein Mensch weiß, wie man ein neues Museum abschreibt“, sagt WolfDietrich Graf von Hundt, „aber wir finden immer eine Lösung. Die Zusammenarbeit klappt sehr gut.“
Die Fuggerschen Stiftungen
Die berühmteste der neun Einzelstiftungen ist die Augsburger Sozialsiedlung. Ursprünglich hat die Familie Fugger mit Textilien und mit Bergbau ihr Geld verdient. Nach dem 30-jährigen Krieg konzentrierte sie sich auf Forstwirtschaft. Diese und die Eintrittsgelder für den Besuch der Fuggerei sind heute die Haupteinnahmequellen. Im Stiftungsvorstand sitzen in der 16. Generation Nachfahren der Familie Fugger. www.fugger.de
Martin Mayer, Steuerberater bei Ecovis in München