Die steuerliche Bewertung und Abschreibung von Tierbeständen basiert schon seit Langem auf einer Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung, zuletzt aus dem Jahr 2001. Bei den Tieren wird zwischen solchen des Anlagevermögens einerseits und des Umlaufvermögens andererseits unterschieden. Vieh, das zum dauerhaften Einsatz bestimmt ist, zum Beispiel Milchkühe oder Zuchtsauen, werden ertragsteuerlich als Anlagevermögen eingestuft. Dagegen werden Masttiere, die zum Verkauf bestimmt sind, dem steuerlichen Umlaufvermögen zugerechnet. Tiere des Anlagevermögens werden mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert und auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Tiere des Umlaufvermögens werden ebenfalls mit ihren Anschaffungs- und Herstellungskosten aktiviert, unterliegen aber keiner Abschreibung, sondern die Aufwendungen dafür werden beim Verkauf gewinnmindernd berücksichtigt.
Sofortabschreibung für Tiere bis 410 Euro
Die Abschreibungen von Tieren des Anlagevermögens richten sich nach den allgemeinen Grundsätzen, sodass neben der linearen Abschreibung auch die Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG-Regelung) möglich ist. Die Produktionskosten und damit in der Regel die Richtwerte von Viehbeständen von nicht mehr als 410 Euro netto hätte der Betriebsinhaber daher wahlweise in voller Höhe gewinnmindernd absetzen können. Das ließ die Finanzverwaltung bislang aber nicht zu. Bei der Sofortabschreibung musste stets ein Schlachtwert als Mindestwert verbleiben. Die Begründung: Zuchttiere würden nach Beendigung ihres Zuchteinsatzes nicht sofort vom Landwirt verkauft bzw. verwertet, sondern zunächst umgestellt und aufgefüttert, sodass sie noch eine gewissen Zeit im Betrieb verblieben.
Aus dieser Annahme hat die Rechtsprechung eine Doppelfunktion des landwirtschaftlichen Zuchtviehs abgeleitet, nämlich dass die Zuchttiere während ihres Zuchteinsatzes als Anlagevermögen und danach mit der Auffütterung zum Zweck der Veräußerung ertragsteuerlich als Umlaufvermögen einzustufen seien. Und da regelmäßig mit Beendigung der Zucht für die anstehende Veräußerung zumindest noch ein gewisser Schlachtwert als Veräußerungserlös zu realisieren ist, haben die Finanzrichter diesen Schlachtwert als Mindestwert für die Tiere des Umlaufvermögens festgeschrieben. Damit konnten die eigentlich unter 410 Euro liegenden Anschaffungs- und Herstellungskosten trotz GWG-Regelung nicht in voller Höhe abgeschrieben werden. Sieht man sich die Richtsätze der Finanzverwaltung an, die für eine Zuchtsau 180 Euro als Herstellungskosten und 150 Euro als Schlachtwert vorsehen, konnte der Schweinemäster je Tier während des Zuchteinsatzes nur 30 Euro absetzen.
Auch Hühner- und Schafzüchter profitieren
Gegen die steuerliche Doppelfunktion der Zuchttiere und damit den Ansatz des Schlachtwerts wurden vermehrt Bedenken geäußert, weil Zuchtbetriebe heutzutage ihre Tiere nach Beendigung des Zuchteinsatzes nicht mehr aufmästen, sondern aus Wirtschaftlichkeitsgründen sofort verwerten. Das haben die obersten Finanzrichter in München bestätigt. Aufgrund der geänderten Produktionsbedingungen in Tierhaltungsbetrieben erfolgt keine Umqualifizierung der Zuchttiere mehr in Umlaufvermögen, und die Zuchttiere werden ertragsteuerlich als Anlagevermögen verkauft. Der klagende Schweinezüchter darf damit seine Zuchtsauen bei Inanspruchnahme der GWG-Regelung voll abschreiben. Ein Richterspruch, über den sich auch Schaf- und Geflügelzüchter freuen können. Denn auch der Preis für ihre Tiere liegt unter 410 Euro.
Fazit:
Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs, dass bei der Sofortabschreibung der Anschaffungs- und Herstellungskosten von Zuchttieren kein Schlachtwert mehr zu berücksichtigen ist, betrifft in erster Linie Schweinezüchter, Geflügelaufzuchtbetriebe und Eierproduzenten. Es liegt zwar noch keine Äußerung der Finanzverwaltung zu dem Urteil vor. Das hindert Betriebsinhaber aber nicht, die höhere Abschreibung in allen noch offenen Fällen und in den nächsten Bilanzen zu nutzen. Ihr Steuerberater hilft Ihnen gern dabei.