"Viele Belegärzte empfinden insbesondere die Vergütung als unzureichend", erklärt Tim Müller, Ecovis-Rechtsanwalt. Das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) bietet nun mit der Einführung des § 18 III 1 KHEntgG eine Alternative: Krankenhäuser mit Belegbetten können mit Belegärzten Honorarverträge abschließen. Das Krankenhaus rechnet 80 Prozent der entsprechenden Hauptabteilungsfallpauschale ab und vereinbart mit dem "Honorarbelegarzt" eine Vergütung.
Bruch im Vergütungssystem
Das neue Honorarsystem bricht mit dem bisherigen Vergütungssystem: Denn obwohl ein krankenhausfremder Arzt seine eigenen Patienten behandelt, erhält er vom Krankenhaus ein frei ausgehandeltes Honorar. Das neue System macht die Belegarztbehandlung auch zumindest vergütungstechnisch zur Krankenhausleistung, denn das Krankenhaus rechnet die (geminderte) Fallpauschale für die gesamte Behandlung unmittelbar mit der Kasse als Eigenleistung ab. "Dies steht im Widerspruch zur Definition des Belegarztes als Arzt, der eigene Patienten im Krankenhaus behandelt", sagt Müller: "Denn mit der Abrechnung einer Hauptabteilungs-DRG wird der Patient des Belegarztes zum Patienten des Krankenhauses."
Wer haftet für Behandlungsfehler?
Ungeklärt ist, ob in diesem Modell das Krankenhaus zum alleinigen Vertragspartner des Patienten wird oder ob weiter das Modell des "gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags" gilt. Dies ist besonders für die Haftung bei Behandlungsfehlern relevant. Beim gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag haftet der Krankenhausträger nur für die nichtärztlichen, der Belegarzt nur für die ärztlichen Leistungen. Wird aber die Belegarztbehandlung vom Krankenhaus abgerechnet, spricht viel dafür, dass der Krankenhausträger auch für Fehler des Belegarztes haften muss. Daher werden die Kliniken die Honorarbelegärzte stärker in die Organisation einbinden, sie intensiver überwachen und ihnen mehr Dokumentationspflichten auferlegen, um die Behandlungsqualität zu sichern. Dies birgt aber die Gefahr, dass der Honorarbelegarzt sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer der Klinik zu qualifizieren ist, da er seine Tätigkeit im Wesentlichen nicht frei gestalten kann. Ein Weg aus dem Dilemma könnte die Einbindung eines krankenhauszugehörigen MVZ sein, was nach einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom Juni 2009 möglich ist. "So kann der Krankenhausträger die belegärztliche Behandlungsleistung von Ärzten erbringen lassen, die in von ihm bestimmten Strukturen eingebunden sind. So wird das Haftungsrisiko minimiert, ohne ungewollt scheinselbstständige oder arbeitnehmerähnliche Ärzte zu beschäftigen", so Müller.
Freie Hand bei der Vergütung
Weil die Parteien nicht an die Bestimmungen der GOÄ gebunden sind, kann die Vergütung frei vereinbart werden. Ob bei einer auf 80 Prozent reduzierten Hauptabteilungsfallpauschale aber eine angemessene Vergütung des Honorararztes möglich ist, bezweifelt Müller und ergänzt: "Vorsicht ist bei privatärztlichen Leistungen geboten. Weil der Honorarbelegarzt kein angestellter oder beamteter Arzt ist, ist er nicht Teil der Wahlarztkette. Der Vertrag zwischen Honorarbelegarzt und Krankenhausträger sollte sich deshalb auf Kassenpatienten beschränken." Die Behandlung von Privatpatienten kann dann wie bisher auch gesondert geregelt werden, wobei die Liquidation gemäß § 6a Abs. 1 S. 2 GOÄ um 15 Prozent zu mindern ist.
Für niedergelassene Ärzte ist die neu geschaffene Honorarbelegarztform kaum eine attraktive Alternative - auch weil der Bundestag nicht der Empfehlung des Bundesrats während des Gesetzgebungsverfahrens folgte, die Hauptabteilungs-DRG statt auf 80 nur auf 90 Prozent abzusenken. In der gegenwärtigen Form bietet die Neuregelung nichts, was mit klassischen Beleg- und Konsiliarärzten nicht ohnehin schon möglich war.
Tim Müller, Fachanwalt für Medizinrecht