• nicht gefährdet,
• leicht gefährdet,
• gefährdet und
• existenzgefährdet.
Es zeigt sich, dass für die Liquiditätslage in den Betrieben nicht nur die Umsatzentwicklung, sondern komplexere Sachverhalte von Bedeutung sind. Als wichtige Bestimmungsfaktoren sind hier die Höhe der Entnahmen und Einlagen sowie ihre Relation zueinander zu nennen.
In allen Gruppen tragen die laufenden Einlagen ganz entscheidend zum Liquiditätsstatus der Betriebe bei. Im Durchschnitt aller Betriebe sind es rund 14.400 Euro jährlich. Bei den Betrieben der Gruppe I und II, die in ihrer Liquidität nicht oder nur leicht gefährdet sind, ist im Mittel die Differenz zwischen den Einlagen aus dem Privatvermögen und den entsprechenden Entnahmen zur privaten Vermögensbildung positiv. Die Landwirte mit den Betrieben der Liquiditätsstufen III und IV entnehmen im Durchschnitt mehr Finanzmittel, als sie einlegen, das heißt, ihr Saldo aus Einlagen und Entnahmen aus dem Privatvermögen ist im Mittel negativ.
Damit setzt sich die in den Vorjahren begonnene Entwicklung fort. Einerseits gibt es eine Reihe von Betrieben mit steigenden Kapitaleinsätzen, die als Wachstumsbetriebe charakterisiert werden. Andererseits existiert eine größer werdende Gruppe von Landwirten, für die die Erwerbskombination zunehmend wichtiger wird. Das verfügbare Kapital wird in diesen Unternehmen in geringerem Umfang dem landwirtschaftlichen Betrieb als Einlage zugeführt. Die Ergebnisse der mehrjährigen Untersuchung zeigen auch, dass sich diese Gegensätzlichkeit in der betrieblichen Entwicklung weiter fortsetzt.
Die wirtschaftlichen Kriterien
Liquiditätsstufe I (nicht gefährdet)
In der Liquiditätsstufe I befinden sich rund 22 Prozent aller für den Zeitraum 2009 bis 2011 ausgewerteten Betriebe. Sie erreichen in nahezu allen Bereichen überdurchschnittliche Leistungen und Produktpreise. Im Durchschnitt sind diese Betriebe um acht Hektar größer und wirtschaften auf den besseren Standorten. Sie sind in ihrer Produktionsausrichtung auch stärker von der Milcherzeugung bestimmt als der Durchschnitt der Betriebe. Die Betriebe aus dieser Liquiditätsstufe weisen im Mittel Gewinne von knapp 61.300 Euro auf, und ihre durchschnittliche Gewinnrate liegt bei 27,6 Prozent.
Die kurzfristige Kapitaldienstgrenze (Cash flow III) von im Durchschnitt 48.000 Euro reicht aus, um den Kapitaldienst zu leisten und alle anfallenden Abschreibungen abzudecken. Zusätzlich können 27.500 Euro für Nettoinvestitionen, Risikovorsorge und private Altersvorsorge zurückgelegt werden. Die jährliche Eigenkapitalbildung beträgt 34.100 Euro. Sie wurde nicht ausschließlich im Betrieb erwirtschaftet, sondern auch die vergleichsweise hohen Einlagen trugen dazu bei. Die Auswertung zeigt ebenfalls, dass diese Wachstumsbetriebe aus der Liquiditätsstufe I ihren Liquiditätsvorsprung nicht nur durch erfolgreiche Führung ihres landwirtschaftlichen Betriebs, sondern auch mithilfe ihrer außerlandwirtschaftlichen Einkünfte erzielen.
Liquiditätsstufe II (leicht gefährdet)
Bei den Betrieben dieser mit einem Anteil von 34 Prozent größten Gruppe reicht im Mittel die kurzfristige Kapitaldienstgrenze nicht mehr aus, um Gebäudeabschreibungen, Nettoinvestitionen, Risikoabsicherung und Altersvorsorge vollständig abzudecken. Die ordentliche Eigenkapitalbildung mit 8.400 Euro erreicht im Gruppenmittel eine durchaus passable Größe. Eigentlich wurde sie durch die laufenden Einlagen aus den außerlandwirtschaftlichen Einkünften erzielt, denn der Gewinn reicht zur Abdeckung der laufenden Entnahmen nicht aus. Beim Gewinn kommen diese Betriebe immerhin noch auf rund 41.000 Euro, die durchschnittliche Gewinnrate liegt bei 20,8 Prozent – fällt also bereits um beinahe sieben Prozent deutlich geringer aus als bei den Betrieben in Gruppe I.
Als kurzfristige Kapitaldienstreserve (Cash flow III) stehen den Betrieben dieser Gruppe im Durchschnitt 22.600 Euro zur Verfügung, ihre mittelfristige Kapitaldienstreserve liegt bei 6.100 Euro. Das reicht für die Abdeckung der Gebäudeabschreibung aus. Die Liquiditätslage ist in diesen Betrieben derzeit noch gut, jedoch stehen für größere Nettoinvestitionen nur noch in eingeschränktem Umfang Eigenmittel zur Verfügung. Bei bedeutenden, größeren Investitionen ist daher genau zu prüfen, ob ein zusätzlicher Kapitaldienst tragbar sein wird.
Liquiditätsstufe III (gefährdet)
Die Betriebe in dieser Gruppe können ihren Kapitaldienst erbringen, denn bei der kurzfristigen Kapitaldienstgrenze (Cash flow III) reicht der Betrag mit einem Wert von 2.800 Euro dafür momentan aus. Die Abschreibungen für Maschinen sind jedoch nur noch zu einem Viertel gedeckt. Diese Betriebe wirtschaften bei einer leicht überdurchschnittlichen Flächenausstattung im Mittel auf schlechteren Standorten. Im Durchschnitt erwirtschaften sie einen Gewinn von 30.400 Euro und eine Gewinnrate von 14,9 Prozent. Die Betriebe aus dieser Gruppe haben im Mittel eine negative Eigenkapitalbildung (circa minus 6.000 Euro). Für auslaufende Betriebe kann diese Situation so hingenommen werden, weil sie die Ersatzinvestitionen nur noch teilweise umsetzen müssen. Allerdings sind größere Investitionen wegen des hohen zusätzlichen Fremdkapitalbedarfs kaum noch finanzierbar.
Liquiditätsstufe IV (existenzgefährdet)
Die negative kurzfristige Kapitaldienstreserve (Cash flow III) von im Durchschnitt minus 16.800 Euro ist ein Zeichen für die akute Existenzgefährdung der Betriebe aus dieser Gruppe. Der Kapitaldienst kann nur durch Substanzveräußerung, Neuverschuldung oder Einlagen aus dem Privatvermögen erbracht werden. Die laufenden Einlagen betrugen 14.400 Euro. Der durchschnittliche Gewinn dieser Betriebe beläuft sich auf 14.900 Euro, die Gewinnrate auf 10,5 Prozent. Die Eigenkapitalbildung ist mit durchschnittlich minus 18.000 Euro deutlich negativ – zum Vergleich: Nicht gefährdete Betriebe aus der Gruppe I bringen es hier auf einen positiven Wert von rund 34.000 Euro.
Ursächlich für die Existenzgefährdung sind neben einer mangelhaften Produktionstechnik auch die schlechtere Struktur und Ausstattung der Betriebe, die sich in den vergleichsweise hohen Abschreibungsgraden zeigt. Sie deuten auch auf eine bereits seit Längerem andauernde Finanznot in den Betrieben hin. Die Landwirte aus dieser Gruppe sollten einen geordneten Rückzug aus der Führung ihres landwirtschaftlichen Betriebs in Erwägung ziehen. Bei ihren Überlegungen sollte es vorrangig darum gehen, eine Strategie zu finden, mit der sie das vorhandene Vermögen für die Familie möglichst weitgehend erhalten können.
Fazit:
Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass sich die Liquiditätslage der Landwirte trotz der günstigen Betriebsergebnisse sehr unterschiedlich entwickelt. Eine immer größer werdende Gruppe von Landwirten setzt ihr verfügbares Kapital entweder als Einlagen zur Stabilisierung und Vergrößerung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe ein oder verwendet es anderweitig.
Dr. Eva-Maria Schmidtlein, LfL Agrarökonomie München, Eva-Maria.Schmidtlein@LfL.bayern.de
Um die Situation Ihres eigenen Betriebs einzuordnen, können Sie die ausführliche Auswertung der aktuellen Kennzahlen der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Bayern downloaden: www.ecovis-agrar.de/...