Diesen Fall hatte das Bundessozialgericht zu verhandeln
In einer Magdeburger Kinderarztpraxis gab der Medikamentenkühlschrank den Geist auf. Impfstoff im Wert von mehr als 24.000 Euro war mehrere Stunden ungekühlt. Nach Rücksprache mit der Apotheke und dem Hersteller vernichteten die betroffenen Ärzte den Impfstoff und sorgten für Ersatz. Die Prüfungsstelle nahm die Mediziner in gleicher Höhe in Regress. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Auch das Bundessozialgericht (BSG) versagte den Ärzten die Hilfe (Urteil vom 29.6.2022, B 6 KA 14/21 R).
Die Begründung der Richter
Impfstoffe zu vernichten, verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Ärzte hätten Vorsorge treffen können: Sie hätten weniger bestellen und den Kühlschrank regelmäßig kontrollieren und warten können. Damit hätten sie das Risiko eines Schadens minimiert. Daher muss die Krankenkasse nicht für den Schaden aufkommen.
Das sollten Sie beachten
Eine Praxisinhaltsversicherung zahlt in so einem Fall. Da der Schaden – wie der Fall zeigt – hoch sein kann, sollten Praxisinhaber eine solche Police unbedingt abschließen. In vielen Arzttarifen gibt es speziell für den Verderb von Medikamenten in Folge eines Ausfalls der Kühlung Leistungserweiterungen mit Sublimits, also eine Entschädigungsgrenze, in Höhe von bis zu 25.000 Euro.
Der Versicherer springt allerdings nur ein, wenn die Unterbrechung der Kühlung unvorhergesehen war. Das heißt: „Sollte der Energieversorger zeitweise und vorangekündigt den Strom abstellen, liegt bei einem Schaden kein Versicherungsfall vor“, erklärt Steffen Schulz, Versicherungsfachmann bei der GMFS Versicherungsmakler GmbH in Rostock – ein Unternehmen von Ecovis.
Die Folgen des Urteils für Praxisinhaber
Das Urteil hat Brisanz. Das BSG deutete an, dass in Fällen höherer Gewalt eine andere Bewertung möglich sein kann. „Das könnte die von einigen Experten befürchteten Blackouts oder Brownouts betreffen, bei denen der Strom abgestellt wird, weil zu wenig zur Verfügung steht“, erklärt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München. Er rät: „Wer regelmäßig viel teuren Impfstoff lagert, sollte überlegen, sich ein Notstromaggregat anzuschaffen.“