Der im niedersächsischen Schuldienst tätige Kläger verlangte von der Beihilfestelle die Kosten der Zahnbehandlung seines Sohnes in voller Höhe anzuerkennen. Das Problem: Der behandelnde Zahnarzt hatte in seiner Rechnung mehrfach einen
3,5-fachen Gebührensatz zu Grunde gelegt. Die Beihilfestelle hielt aber nur den 2,3-fachen Satz für gerechtfertigt und verweigerte die Erstattung des darüber hinausgehenden Betrags.
Gegen diese Kürzung legte der Kläger Widerspruch ein und fügte dazu die Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes bei, in der dieser die Überschreitung des
2,3-fachen Gebührensatzes begründete. Der Widerspruch wurde jedoch zurückgewiesen. Daraufhin erhob der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Zahlungsklage gegen das Land Niedersachsen (als Beihilfeträger).
Da der Kläger bisher nur den reduzierten Rechnungsbetrag bezahlt hatte, reichte wiederum der Zahnarzt vor dem Amtsgericht Hannover Zahlungsklage gegen den Sohn des Klägers über den noch offenen Restbetrag ein. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde zunächst ausgesetzt.
Der Zahnarzt gewann den Prozess vor dem Amtsgericht, da ein Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis kam, dass der 3,5-fache Gebührensatz zu Recht abgerechnet wurde. Der Sohn des Klägers wurde folglich dazu verurteilt, den noch offenen Rechnungsbetrag sowie die außergerichtlichen Kosten des Zahnarztes zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.
Im danach wieder aufgenommenen Verwaltungsgerichtsverfahrens wurde der Widerspruchsbescheid des Landes Niedersachsen, in dem die Erstattung der vollen Zahnarztkosten verweigert wurde, im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Hannover für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Die Beihilfestelle erstattete dann dem Kläger die restlichen Zahnarztkosten.
Blieben noch die Kosten, die dem Kläger im Zivilprozess mit dem Zahnarzt entstanden waren. Dafür begehrte er nun Schadensersatz von der Beihilfestelle. Der Bundesgerichtshof (BGH) bejahte diesen Schadensersatzanspruch mit der Begründung, die Beihilfestelle habe ihre Amtspflicht verletzt, weil sie die Erstattung des erhöhten Gebührensatzes ohne nähere Prüfung verweigert hatte. Stattdessen hätte sie zunächst ein zahnärztliches Gutachten oder eine Stellungnahme der Zahnärztekammer zur Höhe der Rechnung einholen müssen. So hätte sich der Prozess vor dem Amtsgericht vermeiden lassen, und dem Kläger wären keine weiteren Kosten entstanden.
Fazit:
Zwar sind zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse betroffen, nämlich zum einen der Dienstvertrag zwischen Zahnarzt und Patient, zum anderen das Rechtsverhältnis zwischen Patient (Beihilfeempfänger) und dem Land (Dienstherr und Beihilfeverpflichteter). Doch ist die Frage nach der Zahlungspflicht des Patienten und der Erstattungspflicht der Beihilfestelle zum maßgeblichen Zeitpunkt nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 5 BhV, Beihilfevorschriften des Bundes). In ähnlichen Fällen ist betroffenen Patienten zu empfehlen, ihre Beihilfestelle auf das BGH-Urteil (Aktenzeichen: III ZR 231/10) hinzuweisen.
Autorin: Judith Mußelmann, Rechtsanwältin bei Ecovis in Regensburg
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