Hintergrund: Beschäftigung vs. Selbstständigkeit
Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Die Weisungsgebundenheit kann – besonders bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch
- eigenes Unternehmerrisiko,
- eine eigene Betriebsstätte,
- die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und
- die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Sachverhalt: Pflegekraft übernimmt Unterrichtsstunden
Eine Pflegefachkraft arbeitete neben ihrer hauptberuflichen Festanstellung als Altenpflegerin in einem Hospiz zusätzlich als Lehrkraft für ein Institut, das Aus- und Fortbildungen für die Altenpflege durchführte. Dort übernahm sie den regulären Unterricht als Vertretungskraft jedoch nicht auf Basis einer weiteren Anstellung, sondern auf der Grundlage eines Dozentenvertrags. Beide Vertragsparteien gingen von einer selbstständigen Dozententätigkeit aus.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte allerdings ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Rahmen der Dozententätigkeit beim Institut fest. Das zog natürlich die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung, also in der Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung nach sich. Daher zog die Pflegefachkraft vor Gericht.
Urteil: Wann Vertretung abhängig beschäftig ist
Das Landessozialgericht Hessen entschied in seinem Urteil von 14. Dezember 2023, dass eine nebenberufliche Dozentin an einer Schule oder einer Bildungseinrichtung, die darauf ausgerichtet ist, dass Personen einen staatlich anerkannten Bildungsabschluss erlangen (Altenpflege), abhängig beschäftigt ist. Der Grund: Die nebenberufliche Dozentin ist als Vertretungskraft für andere Lehrer tätig und muss im Rahmen des Unterrichts Vorgaben des Lehrplans beachten und den Leistungsstand der Schüler kontrollieren (L 8 BA 9/22).
Das sollten nebenberuflich tätige Dozenten beachten
Auch viele Physiotherapeuten sind neben ihrer Tätigkeit als Therapeut nebenberufliche Dozenten oder Kursleiter an einer Volkshochschule (VHS) oder ähnlichen Einrichtungen. „Dabei kann die Frage auftreten, ob die ausgeübte Tätigkeit als Dozentin oder Kursleiter arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Folgen haben kann. Betroffene sollten hier genau hinzuschauen und die konkreten Umstände des Einzelfalls beleuchten“, rät Frank Rumpel, Steuerberater bei Ecovis in Würzburg.