Den letzten Kampf führte eine Landwirtin, die einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferdehaltung hatte. Zu ihren Eigentumsflächen pachtete sie Weideflächen für die Pferdehaltung sowie Ackerflächen zum Anbau von Hafer hinzu. Der Futterbedarf der Pferde wurde damit teilweise mit selbst angebautem Hafer gedeckt, der andere Teil erfolgte über Zukauf. Neben 15 eigenen Pferden betreute die Landwirtin auch rund 15 Pensionspferde, wobei sie die Grundversorgung der Pferde – also deren Unterbringung, Fütterung und Mistentsorgung – selbst erledigte. Mit den Einstellern der Pferde vereinbarte sie dafür mündlich einen monatlichen Pauschalbetrag und stellte den Pferdeeigentümern alle Spezial- und Sonderkosten, beispielsweise für tierärztliche Behandlungen oder Extrafutter, gesondert in Rechnung.
Die Fremdpferde waren zusammen mit den eigenen Tieren der Landwirtin untergebracht und wurden ausschließlich zum Freizeitreiten genutzt. Bei Abwesenheit der Pferdehalter fütterte die Landwirtin die Pensionspferde und führte die Tiere auf die Weide. Den anfallenden Mist brachte sie auf ihren eigenen Landwirtschaftsflächen aus, und Teile ihres eingefahrenen Strohs und Heus verwendete sie für die Pferdehaltung. Die Landwirtin verfügte zudem auch über eine überdachte Reithalle, die sie gelegentlich zur Erteilung von Reitunterricht nutzte. In den restlichen Zeiten wurde die Halle den Einstellern der Pensionspferde ohne gesonderte Berechnung zur Verfügung gestellt.
Bei einer Umsatzsteuerprüfung verlangte das Finanzamt 19 Prozent Mehrwertsteuer aus den Einnahmen für das Einstellen der Pferde, weil Umsätze aus einer Pensionspferdehaltung generell nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, so die Prüferin. Während das Finanzamt den Einspruch erwartungsgemäß abwehrte, machte das Finanzgericht in Niedersachsen der Landwirtin Hoffnungen. Denn dieses entschied, dass die Landwirtin mit der Pferdepension Leistungen erbringe, die mit 10,7 Prozent pauschaler Umsatzsteuer abzurechnen seien. Die Landwirtin nehme als Viehhüterin die Pferde in ihre Obhut und versorge sie umfassend. Die Nutzung der Reitanlage hingegen sei lediglich „ein Abfallprodukt“, da die Reithalle nur gelegentlich überlassen werde und die Landwirtin dafür kein Geld nehme. Damit tragen die Leistungen der Landwirtin zur landwirtschaftlichen Produktion bei, auch weil die Futterversorgung vorrangig mit Hafer erfolgt sei, den die Landwirtin auf ihren eigenen Flächen angebaut habe. Die Umsatzsteuerpauschalierung für die Landwirtschaft müsse deshalb anzuwenden sein, so die Richter.
Das letzte Wort aus München
Diesen Richterspruch ließ das zuständige Finanzamt allerdings durch die obersten Finanzrichter aus München überprüfen, die der Landwirtin jetzt all ihre Hoffnungen zerstörten: „Die Landwirtin ist nicht berechtigt, die Leistungen aus der Pensionspferdehaltung pauschal zu besteuern“, so die Richter in ihrem Urteil. Denn pauschalierungsfähige land- und forstwirtschaftliche Betriebe können zwar auch Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe mit einer ausreichenden Füttergrundlage sein, die die im EU-Recht aufgelistete landwirtschaftliche Dienstleistung „Hüten, Zucht und Mästen von Vieh“ ausführen. Aber die Sonderregelung der Umsatzsteuerpauschalierung nach EU-Recht ist eng auszulegen und deshalb nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Ziels erforderlich ist. Ziel der Pauschalierung ist es, die Belastung durch die Steuer auf die von den Landwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen. Die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zur Verschaffung von Freizeiterlebnissen stelle jedoch keine landwirtschaftliche Dienstleistung dar, argumentierten die obersten Finanzrichter.
Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung hierzu ist ohne jede Bedeutung. Bei den von der Landwirtin betreuten Pferden handelt es sich weder um Zucht- noch um Arbeitspferde, sondern um Sportpferde, die von ihren Eigentümern zur Ausübung des Freizeitsports genutzt werden und damit Reitsportzwecken dienten. Mit entscheidend ist, dass die einzelnen Tätigkeiten der Landwirtin für die Einsteller keinen eigenständigen Zweck hatten, sondern dazu dienten, ihnen das Reiten als Freizeitgestaltung zu ermöglichen. Der Umstand, ob dabei eigene Futtermittel verwendet werden, ist ohne Bedeutung. Denn die Einstellungsverträge für Reitsportpferde dienen der mit der Einstellung verbundenen Möglichkeit zur Ausübung des Reitsports, auch weil die Eigentümer der Pferde die Außenanlagen des Betriebs wie Reithalle und Reitbahn nutzen konnten.
Freizeitreiten ist keine Landwirtschaft
Bei den von der Landwirtin erbrachten Leistungen der Pensionspferdehaltung handelt es sich daher aus Sicht der Richter nicht um Dienstleistungen, die nach EU-Recht normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Dem nicht genug. Zusätzlich haben die Münchner Finanzrichter – gegen die Pferdelandwirte – nochmals entschieden, dass die Umsätze der Landwirte, die Pferde einstellen und betreuen, auch nicht dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent unterliegen. Also muss der volle Steuersatz bezahlt werden.
Fazit
Der ganzen Wucht der Umsatzsteuerbelastung können pferdeeinstellende Landwirte nur noch dann entgehen, wenn sie ihre Leistungen aufteilen und die Möglichkeit der steuerfreien Pferdeboxenvermietung nutzen können. Näheres dazu oder andere Möglichkeiten zur Steueroptimierung von Ihrem Ecovis-Berater.