Mit dem zweiten Richterspruch aus Karlsruhe wurde der Gesetzgeber aufgefordert, ab 2009 eine realitätsnahe Bewertung des Vermögens für
Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer herzustellen. Das hat er mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 umgesetzt und hierbei – mit Ausnahme des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens – eine den Verkehrswerten sehr nahekommende Bewertung von Beteiligungen und Betrieben angeordnet.
Umfassende Steuerfreistellung
Diese Neubewertung geht aber einher mit einer umfassenden Steuerfreistellung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie begünstigten Gewerbeunternehmen und Beteiligungen an Gesellschaften. Die erneute Vorlage der Finanzrichter aus München greift nun gerade diese weitgehende Verschonung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer als nächsten verfassungsrechtlichen Punkt des Erbschaftsteuerrechts auf. Es geht also nicht mehr um die richtige Bewertung des Vermögens, sondern um die umfangreichen Verschonungsregelungen, die in einer Vielzahl von Fällen zur Nichtbesteuerung führen.
Auch weiterhin kann also nicht begünstigtes Vermögen, wenn es in den Mantel von gewerblichem Betriebsvermögen gekleidet wird, bei Vermögensübertragungen verschont werden. Der Bundesfinanzhof hat ausdrücklich solche Gestaltungen als nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut legale Möglichkeiten angesehen. Die Befürchtungen, dass der Gesetzgeber diesen überdeutlichen Hinweis zum Anlass nimmt, selbst tätig zu werden und die Gesetzeslücken zu schließen, haben sich jedoch vor Weihnachten in Wohlgefallen aufgelöst. Dem Gesetzgeber ist es nämlich nicht gelungen, in einem Spagat zwischen Bundesregierung und Bundesländern, vertreten durch den Bundesrat, eine gesetzliche Neuregelung herbeizuführen. Die angedachte Verschärfung für „Festgeld-GmbHs” wurde im Rahmen des Vermittlungsausschussverfahrens zum Jahressteuergesetz 2012 fallen gelassen.
Chance zur Steuerbefreiung verlängert
Es ist derzeit nicht erkennbar oder zu erwarten, dass der Gesetzgeber noch vor der Bundestagswahl im Herbst hier abermals tätig werden könnte. Betrachtet man diese beiden Komponenten, einerseits die sehr weitreichende Steuerfreistellung bei Betriebs- und Vermögensübertragungen und andererseits die Aussicht, dass frühestens nach der Bundestagswahl ein erneuter Anlauf zur Verschärfung des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts erfolgen könnte, ergibt sich für die nächsten Monate ein interessantes Zeitfenster. In dem sollte an vorgezogene Schenkungen gedacht werden. Denn später ist nach den derzeitigen Äußerungen definitiv mit einer Verschärfung des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts zu rechnen. Dies bedeutet, dass ab Ende 2013 oder später die Steuerbelastungen auf Nachlässe und Schenkungen um ein Vielfaches steigen können. Da aber Vermögensübertragungen letztlich unausweichlich sind und spätestens mit dem Ableben des Betriebsinhabers erfolgen, sollten die derzeitigen Möglichkeiten einer vollumfänglichen steuerfreien Übertragung ins Auge gefasst werden.
Gerade für land- und forstwirtschaftliche Betriebe bestehen heute weitreichende Privilegien, die es zu nutzen gilt. Aber auch andere Vermögen können unter Umständen günstig übergeben werden. Im Zweifel kann für die Vermögensübergabe ein vertragliches Rückforderungsrecht für den Fall aufgenommen werden, dass die steuerlichen Verschonungsregelungen im Einzelfall wider Erwarten nicht zur Anwendung kommen oder sich die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen sonst zum Nachteil des Steuerpflichtigen ändern. Mit diesem Rückforderungsrecht besteht die Möglichkeit, eine Schenkung weitgehend steuerneutral rückabzuwickeln.
Fazit
Das heutige Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht bietet etliche Steuerverschonungsregelungen, die es zu nutzen gilt. Denn mit Aufnahme der Regierungsgeschäfte durch die neue Bundesregierung im Herbst 2013 dürfte es damit bald vorbei sein. Sprechen Sie Ihren Ecovis-Berater an, um die für Sie optimale Nachfolgeregelung zu finden.