Der Fall
Bei dem vor dem Finanzgericht (FG) in Münster verhandelten Fall ging es darum, wie eine „Pferdepension zu Zuchtzwecken“ zu versteuern ist. Laut einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im April 2019 habe der Landwirt, der der Inhaber der Pensionstierhaltung ist, seit Oktober 2018 die Umsatzsteuer-Voranmeldungen mit jeweils null Euro eingereicht. Er begründet das damit, dass die erzielten Einnahmen dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen seien. Damit unterliegen sie nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) der Durchschnittssatzbesteuerung (UStG).
Das FG Münster widersprach dem Kläger. Es unterwarf die Einnahmen der Regelbesteuerung. Grund: Ein Landwirt darf keine Durchschnittssatzbesteuerung für im Rahmen einer Pensionstierhaltung zu Zuchtzwecken erbrachte Dienstleistungen anwenden, wenn er die Tiere nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken nutzt (15 K 1787/20 U).
Im Streitjahr 2018 hatte der Landwirt 73 fremde Pferde, darunter 30 Zuchtstuten. Er bewirtschaftet knapp 20 Hektar Grünland, 7,7 Hektar Feldgras sowie 5,29 Hektar Hafer. Damit stellte er die Grundfutterversorgung der Tiere sicher. Es gibt keinen Reitbetrieb und der Landwirt bietet auch keine anderweitigen Dienstleistungen für Hobby-Pferdehalter an.
Die Besteuerung der Pferdezucht aus Sicht des Landwirts
Der Landwirt bietet zuchtbereiten Pferdebesitzern Beratung sowie die Versorgung der tragenden Stuten und die Aufzucht der Jungtiere bis zu einem Alter von drei Jahren an.
Somit beschränke sich seine Tätigkeit auf die Zucht und Aufzucht von Pferden, also auf Tätigkeiten, die nach Meinung des Landwirts pauschal zu versteuern seien. Der Landwirt verwies dabei auf einen Abschnitt im Umsatzsteuer-Anwendungserlass und auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen. Diesen zufolge sei es für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung unerheblich, ob der Leistungsempfänger eine Erzeugertätigkeit im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausübe.
Der Zuchtzweck sei eine landwirtschaftliche Dienstleistung (Anhang VIII zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über die gemeinsame Mehrwertsteuersystemrichtlinie, MwStSystRL) und die vom Landwirt erbrachten Pensionsleistungen zu Zuchtzwecken sind der Durchschnittssatzbesteuerung zu unterwerfen (Urteil des Bundesfinanzhofs, BFH vom 24. Januar 2015 XI R 13/13).
Im Gegensatz zur Meinung der Betriebsprüfung argumentiert der Landwirt, dass er die eingestallten Pferde ausschließlich zu Zuchtzwecken nutzt und nicht zu Freizeitsportzwecken.
Die Besteuerung der Pferdezucht aus Sicht der Betriebsprüfung
Die prüfende Person vertritt die Auffassung, dass die Umsätze aus der Pensionstierhaltung nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach dem UStG fallen. Die sonstigen Leistungen in Bezug auf die Zucht von Pferden würden von den Einstallern nicht landwirtschaftlich genutzt. Die betreuten Pferde wurden lediglich zu Freizeitzwecken gehalten.
Die ausgeführten Umsätze an ein Gestüt, wie etwa die Beratung der Pferdebesitzer und die Versorgung der tragenden Stuten hingegen durfte der Landwirt mit der Durchschnittssatzbesteuerung versteuern, da es sich bei dem Gestüt um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt. Für die Beurteilung des Sachverhalts sei entscheidend, ob die Dienstleistung des Landwirts (zum Beispiel Füttern, Tränken, Ausmisten) an den Leistungsempfänger auch wieder zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werde.
Das Urteil des FG Münster
Das Finanzgericht Münster hat die Klage des Landwirts abgewiesen, da sie unbegründet sei. Die Richter orientierten sich dabei an der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die Pauschalbesteuerung können Landwirte laut EuGH nur anwenden, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern und landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen. Dagegen unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung.
„Nach diesem Urteil ist klar, dass eine Pferdepension zu Zuchtzwecken nicht zu den landwirtschaftlichen Dienstleistungen gehört, wenn das gezüchtete Pferd nicht für forstwirtschaftliche Tätigkeiten oder unmittelbar in die Nahrungsmittelproduktion eingeht“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Karin Merl. „Dient das Zuchtergebnis allerdings nur zu Freizeitzwecken, so liegt keine begünstigte land- oder forstwirtschaftliche Dienstleistung vor und der Landwirt muss 19 Prozent Steuern bezahlen.“