Wer Vorsteuer ziehen kann
Ein Unternehmer kann die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen als Vorsteuer abziehen. Wenn er den Gegenstand jedoch zu mehr als 90 Prozent privat nutzt, geht das nicht.
Streitfrage: Höhe des Vorsteuerabzugs für die Dachreparatur
Ein Unternehmer hatte auf sein privates Wohnhaus eine Photovoltaikanlage installieren lassen. Dabei wurde das Dach beschädigt. Feuchtigkeit drang ein, die zu weiteren Schäden am Wohnhaus führte. Daraufhin ließ der Unternehmer die Schäden von einem Dachdecker und Zimmerer reparieren. Er berücksichtige die in den Rechnungen der Handwerker ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 4.999,27 Euro als Vorsteuerabzug in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Photovoltaikanlage. Seiner Ansicht nach seien die Reparaturen des sonst intakten Dachs nur wegen der Schäden durch die Installation der Photovoltaikanlage erforderlich gewesen. Sie stünden somit im alleinigen Zusammenhang mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage.
Das Finanzamt lehnte die Voranmeldung ab und berücksichtigte nur 768,54 Euro an Vorsteuer. Dieser Betrag entspräche der geschätzten unternehmerischen Verwendung der Reparaturen nach der Gesamtnutzung des Gebäudes. Denn: Der Unternehmer nutzt das Gebäude zu mehr als 90 Prozent privat.
Die Entscheidung des Gerichts: Kein Vorsteuerabzug möglich
Das Finanzgericht Nürnberg gab dem Finanzamt Recht. Geht es um den Vorsteuerabzug für die gesamte Dachfläche, kommt es auf das betriebliche Vermögen des gesamten Gebäudes an, nicht nur auf die Dachfläche. Dies gilt auch dann, wenn die Photovoltaikanlage nur einen Teil der Dachfläche einnimmt. Der Grund: Die Reparatur kommt dem gesamten Haus zugute, da die eindringende Feuchtigkeit das gesamte Haus beschädigen könnte (Urteil vom 23.02.2021, 2 K 826/20).
Weiterhin stellte das Gericht fest, dass die Flächen innerhalb des Gebäudes und die Dachflächen nicht miteinander vergleichbar sind. Deshalb ist der unternehmerische Nutzungsanteil anhand eines Umsatzschlüssels durch Gegenüberstellung des fiktiven Vermietungsumsatzes für die Innenräume und des fiktiven Vermietungsumsatzes für die Dachfläche zu ermitteln.
Der Unternehmer kann die vom Finanzamt nicht berücksichtigte Vorsteuer aus den Rechnungen des Dachdeckers und des Zimmerers also nicht abziehen, weil deren Lieferungen zu mehr als 90 Prozent seiner privaten Lebensführung zugutekamen.
Praxistipp:
Die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Der Bundesfinanzhof hat erst kürzlich klargestellt, dass sich vom Flächenschlüssel als Aufteilungsschlüssel abweichen lässt, wenn dieser nicht sachgerecht ist. „Zum Beispiel ist die Aufteilung nach dem objektbezogenen Umsatzsteuerschlüssel bei erheblichen Ausstattungsunterschieden gemischt genutzter Gebäude geeigneter als die Aufteilung nach dem Flächenschlüssel“, erklärt Ecovis-Steuerberater Philipp Bartzack in Bamberg.
Philipp Bartzack, Steuerberater bei Ecovis in Bamberg