Die Vereinfachungsregel
Danach sind bestimmte Umsätze, die der eigentlich anzuwendenden Regelbesteuerung unterliegen, von der Pflicht entbunden, die Mehrwertsteuer abzuführen. Statt 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuer, die der Betriebsinhaber ans Finanzamt überweisen muss, rechnet der Landwirt wie für seine übrigen pauschalversteuerten Umsätze 5,5 Prozent oder 10,7 Prozent Umsatzsteuer ab, die er als landwirtschaftliche Umsatzsteuer behalten kann.
Führt ein Betriebsinhaber im Rahmen seines pauschalierenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auch der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze aus, die aber einen engen Bezug zur land- und forstwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit des Unternehmers aufweisen, können diese unter weiteren Voraussetzungen aus Vereinfachungsgründen in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden. Dies betrifft beispielsweise Lieferungen zugekaufter Erzeugnisse oder die Erbringung sonstiger Leistungen, die nicht landwirtschaftlichen Zwecken dienen. Nach diesen Regeln kann aus Vereinfachungsgründen auch auf die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Umsätze mit Getränken und alkoholischen Flüssigkeiten verzichtet werden, also muss zum Beispiel beim Weinverkauf die Differenz von 8,3 Prozent (pauschaler Steuersatz 19 Prozent abzüglich Vorsteuerpauschale von 10,7 Prozent) nicht ans Finanzamt überwiesen werden.
Wer kann die Vereinfachung anwenden?
Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist, dass diese besonderen Umsätze voraussichtlich nicht mehr als 4.000 Euro netto im laufenden Kalenderjahr betragen. Weiterhin darf der Landwirt neben diesen besonderen, landwirtschaftsnahen Regelbesteuerungsumsätzen im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich keine anderen Umsätze ausführen, die eine Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung nach sich ziehen. Die Vereinfachungsregelung scheidet also etwa dann aus, wenn der Landwirt neben seinem landwirtschaftlichen Betrieb einen Gewerbebetrieb, insbesondere eine Photovoltaikanlage, betreibt oder Gebäude steuerpflichtig verpachtet.
Dagegen geht die Vereinfachungsregelung nicht verloren, wenn die „schädlichen“ Umsätze in umsatzsteuerlicher Hinsicht von einem anderen Unternehmen des Landwirts erzielt werden. Ist der Ehemann der landwirtschaftliche Betriebsinhaber und läuft die Photovoltaikanlage auf beide Ehegatten, die den Stromabnahmevertrag unterzeichnet haben, liegen keine schädlichen Einnahmen für den landwirtschaftlichen Betrieb vor. Über die Anwendung der Vereinfachungsregelung wird stets zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres anhand einer Prognose entschieden. Übersteigen dann später, anders als erwartet, die besonderen Umsätze den Nettobetrag von 4.000 Euro, bleibt die Vereinfachungsregelung trotzdem erhalten. Auf die Pflicht, die besonderen Umsätze gesondert aufzuzeichnen, verzichtet die Finanzverwaltung allerdings nicht.
Auf die „richtigen“ Einnahmen kommt’s an
Die Vereinfachungsregelung gilt nur für solche Umsätze, die einen engen Bezug zur land- und forstwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit des Betriebsinhabers aufweisen. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Lieferung zugekaufter land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, um die Lieferung eigenerzeugter Produkte und um vom Landwirt erbrachte Dienstleistungen, die ihrer Art nach eigentlich pauschalierungsfähig sind, aber beim Leistungsempfänger nicht zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen und deshalb nach Auffassung der Finanzverwaltung der Regelbesteuerung zu unterwerfen wären. Das sind zum Beispiel Maschinenleistungen für Nichtlandwirte.
Nicht begünstigt und darum umsatzsteuerpflichtig sind damit im Umkehrschluss beispielsweise außerlandwirtschaftliche Dienstleistungen wie die Einnahmen eines Betriebsinhabers aus der Tätigkeit als Aufsichtsrat einer Genossenschaft, als Makler landwirtschaftlicher Versicherungen oder als landwirtschaftlicher Sachverständiger. Natürlich fallen Stromeinnahmen aus einer Photovoltaikanlage oder auch Mieteinnahmen aus der steuerpflichtigen Nutzungsüberlassung von Maschinen, die nicht im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt werden, ebenfalls nicht darunter. Hier fehlt der erforderliche enge Bezug zur eigenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit.
Fazit:
Die Vereinfachungsregelung, die bereits für nach dem 31. Dezember 2010 erzielte Umsätze gilt, ermöglicht es, für Umsätze bis circa 4.000 Euro die eigentlich anfallende Mehrwertsteuer nicht ans Finanzamt abführen zu müssen. Bei der Regelung handelt es sich aber nicht um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze, die nicht nachhaltig überschritten werden darf, sonst entfällt sie insgesamt. Der Betriebsinhaber kann damit bis zu 800 Euro sparen, wenn er die engen Voraussetzungen erfüllt und die „richtigen“ landwirtschaftsnahen Umsätze erzielt. Ihr Ecovis-Berater hilft Ihnen gern weiter.