Wollen Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Betrieb in absehbarer Zeit verkaufen, können sie aufgrund der aktuell hohen Refinanzierungszinsen kaum den gewünschten Verkaufspreis zu erzielen. Daher greifen Verkäufer und Käufer vermehrt auf eine Earn-out-Klausel im Kaufvertrag zurück.
Hintergrund: Was ist eine Earn-out-Zahlung?
Eine Earn-out-Zahlung ist ein variabler Bestandteil des Kaufpreises. Sie orientiert sich an einer gewinn- oder umsatzbezogenen Größe. „Neben einem festen Kaufpreis lässt sich vereinbaren, dass Käufer weitere Zahlungen an den Verkäufer leisten müssen, wenn sie gewisse Umsatz- oder Gewinnziele innerhalb eines kurzen Zeitraums nach dem Verkauf erreichen“, erklärt Doreen Sorge, Steuerberaterin bei Ecovis in Magdeburg.
Vorteile von Earn-out-Zahlungen
Verkäufer, die künftig weitere Kaufpreiszahlungen erhalten, können somit auch nach dem Verkauf noch teilweise am Unternehmenserfolg teilhaben – und so den geringeren Verkaufspreis kompensieren. Vorteil für potenzielle Käufer: Sie können Unternehmen günstiger erwerben, wenn sie eine Earn-out-Klausel im Vertrag aufnehmen. Zudem können sie zukünftig anfallende Kaufpreisforderungen des Verkäufers durch den bereits erwirtschafteten Unternehmensgewinn tilgen. Das reduziert insgesamt die Refinanzierungskosten des Käufers.
Was entschied der Bundesfinanzhof?
Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich mit der Frage, wie Earn-out-Zahlungen steuerlich zu erfassen seien (Urteil vom 9. November 2023, IV R 9/21). Er legte fest, dass Earn-out-Zahlungen entweder den ursprünglichen Verkaufspreis für Verkäufer erhöhen oder sie als weitere laufende Einkünfte einzustufen sein könnten. Im Urteilsfall verkaufte eine Gesellschafterin ihren (Mitunternehmer-)Anteil an eine gewerblich tätige Personengesellschaft. Die Parteien vereinbarten dabei, dass der Verkäufer bei Überschreiten einer Gewinngrenze eine weitere Kaufpreiszahlung erhält, die der Höhe nach variabel sein kann.
Der BFH führte aus, dass eine Zahlung wie im vorliegenden Urteilsfall nicht gewiss sei – weder dem Grunde nach, immerhin musste das Unternehmen eine gewisse Umsatzgrenze überschreiten, damit überhaupt eine weitere Kaufpreisforderung entstehe, noch der Höhe nach. Hinsichtlich der Höhe vereinbarten die Parteien lediglich einen Rahmen zwischen 0 und 500.000 Euro, in dem eine weitere Kaufpreisforderung entstehen konnte.
Wenn weder der Eintritt noch die Höhe einer weiteren Kaufpreisrate zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs gewiss sind, kann die zukünftige Zahlung den Verkaufsgewinn im Jahr des Verkaufs nicht erhöhen. Eine Schätzung der zukünftig anfallenden Zahlung sei in diesem Fall nicht möglich. Die spätere Earn-out-Zahlung ist laut BFH daher eine nachträgliche Betriebseinnahme im Jahr des Zuflusses der weiteren Kaufpreisrate und daher in diesem Jahr zu versteuern.
Was bedeutet dieses Urteil?
Earn-out-Zahlungen, die sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss sind, führen zu keiner rückwirkenden Erhöhung des Verkaufsgewinns. „Leider ließ der BFH jedoch die für die Praxis relevantere Frage offen, wie Earn-out-Zahlungen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur dem Grunde nach ungewiss sind, steuerlich einzuordnen sind. Dies würde die Gestaltung eines Unternehmensverkaufs mit dem Ziel der optimalen Ausnutzung der Freibeträge und Steuervergünstigungen enorm erleichtern“, sagt Sorge. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH über diese Rechtsfrage in Zukunft entscheidet.