Der Kläger, ein zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassener Zahnarzt, wehrte sich gegen einen Bescheid des „Prothetik-Einigungsausschusses“, in welchem ihm die Kosten für die Neuanfertigung eines Zahnersatzes auferlegt wurden. Der Zahnarzt gliederte bei einer Patientin einen kombinierten Zahnersatz ein; die Krankenkasse leistete hierfür einen Zuschuss in Höhe von 60 Prozent. Allerdings war die Patientin mit dem Sitz der Prothese unzufrieden und zog nach mehreren Nachbesserungen einen Gutachter hinzu. Das Gutachten des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) kam zu dem Ergebnis, dass die prothetische Versorgung nicht dem zahnärztlichen Standard genüge und eine Neuanfertigung erforderlich sei. Dies bestätigte im laufenden Verfahren ein weiterer Gutachter.
Der Zahnarzt rügte, dass die Vorinstanzen sich bisher lediglich auf die Mängel berufen, ihm jedoch kein Verschulden nachgewiesen hätten. Nach seiner Auffassung trifft die Patientin „möglicherweise“ ein Mitverschulden. Zudem handle es sich bei dem Behandlungsvertrag um einen Dienstvertrag und nicht um einen Werkvertrag, sodass der Patientin auch kein (Heilungs-)Erfolg geschuldet sei. Das BSG stellte in seinem Urteil klar, dass der Kläger den geforderten Schadensersatz zu leisten habe. Rechtsgrundlage für den Anspruch sind die §§ 23 ff. Bundesmantelvertrag-Zahnärzte.
Was sagt das Gesetz?
Der Bundesmantelvertrag-Zahnärzte beziehungsweise der Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte beinhalten die Pflichten der Vertragszahnärzte bei einer prothetischen Versorgung der Versicherten. Aus der „Gesamtschau“ dieser Vorschriften ergibt sich die Pflicht des Zahnarztes, der Krankenkasse den Schaden zu ersetzen, der dieser entsteht, wenn die Krankenkasse eine weitere Behandlung des Versicherten bezahlen muss, weil die Erstversorgung mangelhaft war. Die Voraussetzungen lagen vor. Zwei Gutachter stellten eine mangelhafte Behandlung fest. Da bereits mehr als 30 Nachbesserungen der prothetischen Versorgung erfolglos blieben, war eine weitere Behandlung durch den Kläger für die Patientin nicht mehr zumutbar. Weitere Voraussetzungen für Schadensersatz müssen nach Auffassung des BSG nicht vorliegen. Die Krankenkasse muss nicht nachweisen, bei welchem konkreten Planungs- oder Behandlungsschritt ein Fehler unterlaufen ist. Im zugrunde liegenden Fall waren keine Gründe ersichtlich, die den Kläger exkulpieren könnten. Ohne ein konkretes Vorbringen hinsichtlich fehlender Compliance sind die Prüfgremien nicht gezwungen, einem solchen Einwand von Amts wegen nachzugehen. Das Verschulden des Zahnarztes ist durch das Vorliegen der Schadensregress-Voraussetzungen indiziert. Die Schadensersatzhöhe richtete sich nach den Kosten, die der Krankenkasse durch die erneute prothetische Versorgung entstanden sind.
FAZIT:
Wieder zeigt sich, dass zwischen den zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlich geprägten Vorschriften des Vertrags(zahn)arztrechts kein Gleichklang herrscht und die Vorschriften des SGB V häufig strengere Anforderung stellen als das Zivilrecht.
Autorin: Judith Mußelmann, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in Regensburg, judith.musselmann@ecovis.com