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Zentrales Urteil für den Gesundheitsmarkt. In Deutschland unterliegen EU-Versandapotheken der Arzneimittelpreisbildung

Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat entschieden: Die deutschen Preisvorgaben sind auch dann gültig, wenn Kunden verschreibungspflichtige Medikamente in Versandapotheken aus anderen EU-Mitgliedstaaten bestellen.

(PresseBox) (Berlin, )
Der Entscheidung liegt die Klage einer Apothekerin gegen eine niederländische Versandapotheke zugrunde, die über das Internet Medikamente für den deutschen Markt angeboten und dabei mit einem Bonussystem geworben hat. So sollte der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente pro verordneter Packung einen Bonus von 3 Prozent des Warenwertes, mindestens 2,50 Euro und höchstens 15 Euro, erhalten. Hierin sah die Klägerin einen Verstoß gegen die für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindungsvorschriften und klagte gegen die niederländische Versandapotheke auf Unterlassung.

Zunächst hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage zu prüfen, ob die im deutschen Arzneimittelrecht geltenden Preisbindungsvorschriften auch dann gelten, wenn eine Apotheke aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat heraus per Versand tätig wird. Dies wollte der BGH bereits im September 2010 bejahen. Doch das Bundessozialgericht (BSG) hatte im Jahr 2008 in einer anderen Sache befunden, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht für Versandapotheken gilt, die aus dem europäischen Ausland Arzneimittel an deutsche Verbraucher schicken. Deshalb legten die Richter des BGH die Frage dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in Karlsruhe vor. Dieser hat nun am 22. August 2012 (Az. GmS-OGB 1/10) entschieden, dass auch ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Medikamente im Inland an Endverbraucher abgeben, dem Arzneimittelpreisrecht unterworfen sind und die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage hierfür darstellen. Nach diesem Urteil verstoßen die Vorschriften in § 78 Abs. 1 und 2 des deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG) auch nicht gegen europarechtliche Regelungen und insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit. Vielmehr handelt es sich um eine europarechtlich vorgesehene Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Art. 34 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Da keine „europarechtliche Zweifelsfrage“ vorliege, sei eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) auch nicht nötig.


Der Europäische Verband der Versandapotheken hat bereits angekündigt, bei der EU-Kommission Beschwerde einzureichen. Über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens soll dann eine Entscheidung des EuGH herbeigeführt werden. Dass der EuGH hier eine europarechtswidrige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit sieht, ist jedoch eher unwahrscheinlich.

Auch bei einer anderen Entscheidung des gemeinsamen Senates hätte dies den EU-Versandapotheken nur kurzfristig einen Aufschub verschafft. Denn der Bundestag hat im Juni das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften beschlossen, mit dem klargestellt werden soll, dass die Arzneimittelpreisbindung auch für den Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Ausland gilt. Der Bundesrat hat dem Gesetz mit Beschluss vom 21. September 2012 zugestimmt.


Fazit:
Die deutsche Arzneimittelpreisbindung gilt auch für EU-Versandapotheken. Damit müssen alle Apotheken verschreibungspflichtige Arzneimittel zum selben Preis verkaufen. Aus Gründen des Patientenschutzes sind Rabatte und Bonussysteme verboten.

Autorin: Isabel Wildfeuer, Rechtsanwältin bei Ecovis in München

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