Die Mikroelektronik steht seit einigen Jahren vor einem immer größer werdenden Problem, welches als Entwurfslücke, bzw. "Design Gap" bezeichnet wird. Es rührt daher, dass die Verbesserung der technologischen Möglichkeiten in der Mikroelektronikindustrie die Verbesserung der Automatisierung des Entwurfs mikroelektronischer Schaltungen deutlich übersteigt. Mit etwa 43% jährlich wachsen die technologischen Möglichkeiten viel schneller als die zur Ausnutzung dieser Möglichkeiten notwendige Entwurfsautomatisierung, die jährlich nur um etwa 20% verbessert wird. Die Folge dieser auseinander gehenden Entwicklung ist, dass immer wieder immer größere Entwicklerteams benötigt werden, um technologisch machbare Produkte zu entwerfen. Dies führt schließlich dazu, dass der technologische Fortschritt nicht mehr zu besseren Produkten führen kann, weil diese Produkte wegen der Größe der zum Entwurf nötigen Teams nicht mehr entwurfsfähig wären. Das einzige Mittel gegen diese Entwicklung ist die Förderung der Forschung und Entwicklung im Bereich der Entwurfsautomatisierung mit dem Ziel, die Verbesserung der Entwurfsfähigkeit so zu erhöhen, dass sie mit der technologischen Entwicklung Schritt halten kann. Das dieser Weg erfolgreich sein wird ist daran erkennbar, dass schon heute solche Firmen enorme Einsparungen bei Kosten und Entwicklungszeiten erreichen, die nur geringfügig bessere Entwurfsmethoden und -werkzeuge einsetzen.
In einer neue Forschungsinitiative mit dem Ziel der Reduzierung dieses "Design Gaps", werden so genannte Basisforschungsprojekte in Deutschland gestartet. Sie tragen dazu bei, Methoden und Werkzeuge zu entwickeln, die in 5-10 Jahren zur Schaltungsentwicklung zum Einsatz kommen können. Hierbei sollen die Bereiche der EDA gestärkt werden, die für Deutschland von herausragender Bedeutung sind.
Wenn von EDA die Rede ist, geht meistens um Software, die zum Entwurf (Design) von mikroelektronischen Schaltungen benötigt und die daher auch als Design-Software bezeichnet wird. Diese Design-Software ist für den Schaltungsentwurf in der Mikroelektronik unverzichtbar, weil die Komplexitäten heutiger Schaltungen ohne Design-Softwarewerkzeuge nicht beherrschbar sind. Mit ihnen ist es möglich, aus einer Spezifikation in abstrakter Form in vielen Einzelschritten eine physikalische Beschreibung der Schaltung zu gewinnen, die als "Bauplan" der Fertigung dient. Der hochkomplexe Fertigungsprozess ist allerdings einer permanenten Veränderung unterworfen, der höchste Ansprüche an den Entwurfsprozess, die Aktualität seiner Methodik und deren Softwarewerkzeuge stellt Die Basisforschungsprojekte konzentrieren sich auf die Unterstützung der Institutionen in Deutschland, die sich mit Forschung und Entwicklung von EDA-Software und der dazugehörigen Methodik befassen. Dabei soll es zu Synergien für Lehre, Forschung, EDA-Hersteller und Anwender kommen. Basisforschungsprojekte werden so zu einem Schlüsselinstrument, um in Zukunft die Produktivität der Schaltungsentwicklung zu erhöhen. Es ist geplant, dass jedes Jahr ein Basisforschungsprojekt gestartet wird.
Das erste Basisforschungsprojekts wird sich mit der Struktursynthese von analogen Schaltungen beschäftigen. Mit dieser Thematik stärkt das erste Basisforschungsprojekt eine der deutschen EDA-Kernkompetenzen, die insbesondere für die in Deutschland wichtigen Automotive- und Telekommunikationsapplikationen von höchster Bedeutung sind.
Das erste Basisforschungsprojekt wird Anfang 2003 starten. Dazu ergeht zur Zeit ein Aufruf zur Teilnahme, in dem das edacentrum alle interessierten EDA-Forschungseinrichtungen auffordert, Themenvorschläge für eine Beteiligung an dem Basisforschungsprojekt einzureichen. Die Vorschläge müssen bis zum 10. Oktober beim edacentrum eingegangen sein, weil dann aus dem Kreise der Interessenten ein Projektkonsortium zusammengestellt wird.