Herr Grundmann, die EFA ist seit nahezu 20 Jahren im Münsterland mit einem Büro vertreten. Wie hat sich die Region aus Ihrer Sicht in dieser Zeit wirtschaftlich verändert?
Die Region ist außerordentlich wirtschaftsstark. Das war vor 20 Jahren so und das ist zum Glück immer noch der Fall. Da macht es natürlich besonders viel Spaß, sich für die Akteure – aus meiner EFA-Perspektive also der produzierende Mittelstand – zu engagieren. Denn um ganz vorne zu bleiben, darf man nicht im Bemühen nachlassen, stetig besser werden zu wollen.
Nachhaltigkeitsthemen haben dabei ganz klar an Bedeutung gewonnen. Für die jungen BetriebsinhaberInnen ist es viel selbstverständlicher geworden, sich darüber Gedanken zu machen, welche Auswirkungen die eigene Produktionsweisen und die hergestellten Produkte auf Umwelt und Gesellschaft haben. So haben wir es heute viel einfacher als vor 20 Jahren, mit unserem Anliegen Gehör zu finden.
Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft auch in der Region Münster getroffen. Wie haben die Unternehmen auf die Krise reagiert?
Die Betroffenheit war schon recht unterschiedlich. Während in Handel, Gastronomie und Kultur der Betrieb teilweise völlig zum Erliegen kam, konnten Industriebetriebe wie auch das „produzierende“ Handwerk in den meisten Fällen weiterarbeiten. Und sie waren fix dabei, betriebliche Hygienepläne zu etablieren und die Belegschaft in verschiedene Schichten oder Gruppen aufzuteilen, die möglichst wenige Kontakte untereinander hatten. So wurde sichergestellt, dass im Falle der Infektion eines einzelnen Mitarbeitenden nur ein kleiner Teil der restlichen Belegschaft in Quarantäne geschickt werden muss. Die Kurzarbeiterregelungen haben ebenfalls dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. So konnten betriebsbedingte Kündigungen in den meisten Fällen verhindert werden.
Welchen Stellenwert hat das Thema Ressourceneffizienz in den Betrieben angesichts der aktuellen Herausforderungen?
Material ist im verarbeitenden Gewerbe der größte Kostenblock für die Betriebe. Zu welchen wirtschaftlichen Verwerfungen es kommen kann, wenn Material fehlt, können wir aktuell ja alle erleben. Da treffen wir mit „unserem“ Anliegen genau ins Schwarze. Materialeffizienz: Mit weniger davon das gleiche Ergebnis erzielen, das ist das Gebot der Stunde!
Mit welchen Fragen kommen die Unternehmen zurzeit auf Sie zu?
Das Thema „Klimaneutralität“ hat für die Unternehmen eine wirklich zentrale Bedeutung erhalten. Entsprechend stoßen unsere Angebote, hier insbesondere das CO2-Bilanzierungstool ecocockpit, auf große Resonanz. Aber auch Fragen, die sich aus der neuen Lieferketten-Gesetzgebung ergeben, gewinnen jetzt an Bedeutung. Denn die Kunden wollen wissen, von wo das Material oder die Vorprodukte stammen.
Mit welchen Angeboten unterstützt das EFA-Regionalbüro Münster Industrie und Handwerk konkret?
Wir sorgen mit unserer Arbeit für Transparenz, damit die Unternehmen Antwort auf zentrale Fragen erhalten: Wie groß ist der betriebliche Material- und Energieeinsatz? Welche CO2-Emissionen resultieren daraus? Was ist über die eingesetzten Rohstoffe und Vorprodukte bekannt? Gibt es nachhaltige Alternativen? Mit unserer Expertise können Unternehmen sich gezielt mit diesen Aspekten ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit befassen, immer mit dem Ziel, die Kosten zu senken und die Wertschöpfung im Unternehmen zu erhöhen.
Wie wichtig ist die regionale Nähe für den Erfolg Ihrer Arbeit?
Die Nähe ist der Schlüssel zum Erfolg. Natürlich nutzen wir gern die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation, um Unternehmen zu beraten. Und durch Corona haben wir als Organisation gelernt, Präsenztreffen zu reduzieren. Trotzdem spielt der persönliche Kontakt unverändert eine wichtige Rolle für eine vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit. Deshalb sind wir natürlich auch weiterhin vor Ort präsent. Und Dank kurzer Wege sind wir auch schnell bei den Unternehmen in der Region.
Stichwort: Netzwerken. Welche Rolle spielt die Kooperation vor Ort mit den regionalen Partnern wie Kammern, Verbänden und Wirtschaftsförderungen für den Erfolg Ihrer Arbeit?
Ohne die Unterstützung unserer Kooperationspartner wären die Aufgaben nicht zu stemmen. Sei es bei Veranstaltungen, bei Finanzierungsvorhaben oder unserem Kerngeschäft, also der Beratung. Ohne Kammern, Verbände, den Wirtschaftsfördergesellschaften oder den Hochschulen könnte die EFA nicht so erfolgreich arbeiten, wie sie es derzeit tut. „Das Netzwerk ist der König!“
Welche aktuellen Projekte und Themenschwerpunkte verfolgt das EFA-Regionalbüro Münster zurzeit?
Digitalisierung ist in aller Munde. Auch bei der Arbeit unseres Hauses spielen die vielfältigen Entwicklungspfade, die aus digitalen Technologien erwachsen, eine große Bedeutung. Sie ist für uns ein nützliches Werkzeug, um Produktionsprozesse präziser auszugestalten. So lassen sich Anfahrverluste oder Verschnitte reduzieren und die Produktqualität besser kontrollieren, sodass der Produktionsausschuss reduziert wird.
Das Thema Circular Economy wird ebenfalls immer wichtiger. Wie gelingt es, Wertschöpfung möglichst lange im Wirtschaftskreislauf zu (er)halten? Hier arbeiten wir gemeinsam mit Unternehmen an zukunftsweisenden Lösungen!
Herr Grundmann, Sie sind seit beinahe 20 Jahren in der Region als Ressourceneffizienz-Berater tätig. Gibt es regionale Eigenheiten, die sie in den Jahren kennen und schätzen gelernt haben?
Ich bin eine sehr bodenständige Pflanze, im Münsterland geboren und aufgewachsen – lediglich vier Jahre hatte ich meinen Lebensmittelpunkt außerhalb der Region. Ich liebe die hohe Lebensqualität, eine ländlich geprägte Region in der andere gern Urlaub machen und deren Bewohner in ihrer Freizeit ebenso wie die Touristen aufs Rad steigen. Ich liebe den Pragmatismus, die Verlässlichkeit und Beständigkeit. Nur Unwissende interpretieren diese Eigenschaften der Münsterländer als „Sturheit“ (lacht).
Herr Grundmann, vielen Dank für das Gespräch.