Um die von Kunden aus der Elektrotechnik-, Sanitärzubehör- und Automobilindustrie gewünschte Festigkeit des Materials zu erzielen, werden Bänder aus Messing- und Kupferlegierungen nach dem Kaltwalzen in horizontalen Bandschwebeöfen unter Luftatmosphäre wärmebehandelt. Bei dem gängigen Verfahren bilden sich ab ca. 500 °C Zinkoxidschichten auf den Bändern, die durch nachträgliches Beizen mit Chemikalien wieder entfernt werden müssen. Bereits vor dem Glühen erfolgt eine chemische Oberflächenentfettung.
"Um den hohen Chemikalien- und Energieverbrauch der Wärmebehandlung nachhaltig zu senken, entschlossen wir uns einen neuartigen gasbeheizten Vertikal-Blankglühofens des österreichischen Industrieofenbauers Ebner zu realisieren", erläutert Michael Aubry, Leiter der Gießerei und des Walzwerks.
Bei dem neuen Glühofen wurde erstmals in einer wasserstoffdichten Glühmuffel ein Düsensystem integriert, welches es erlaubt, Messingbänder vertikal und hochkonvektiv unter einer Schutzgasatmosphäre von 70 Prozent Wasserstoff und 30 Prozent Stickstoff sehr rasch und bei kürzest möglicher Ofenlänge zu glühen.
"Durch das hohe Reduktionspotenzial des Wasserstoffs und der bestehenden Hochkonvektion im Glühraum kann die bisherige Entfettung der Bänder vor der Wärmebehandlung vollständig entfallen", so Aubry. "Da das Glühen unter Sauerstoffausschluss stattfindet, oxidiert das Material auch nicht, so dass auch auf das anschließende Beizen verzichtet werden kann."
Das Messingwerk Plettenberg spart durch das neue Verfahren jährlich 880 MWh Erdgas und 535 MWh Strom ein. Durch den Wegfall der chemischen Vor- und Nachbehandlung entfallen jährlich rund 6 t Schwefelsäure, 8 t Salzsäure und 11 t Natronlauge - insgesamt rund 90 Prozent des bisherigen Chemikalienverbrauchs. Auch konnten durch den neuen Prozess beim nachfolgenden Schneiden die unproduktiven Nebenzeiten um fünf Prozent gesenkt werden. Insgesamt spart das neue Verfahren jährlich ca. 2.035 t CO2-Äquivalente ein.
Nur bei Temperaturen über 650 °C kann die erhöhte Zinkausscheidung auch im neuen Ofen technisch nicht verhindert werden. Bänder mit einem hohen Zinkanteil von über 20 Prozent müssen deshalb weiterhin im bestehenden horizontalen Bandschwebeofen wärmebehandelt werden. Dies betrifft jedoch nur rund 8,5 Prozent der jährlichen Gesamtproduktion von 15.000 t.
Im Vorfeld der Umsetzung hatte das Unternehmen auf Empfehlung der Deutschen Bank Kontakt mit der PIUS-Finanzierung der Effizienz-Agentur NRW (EFA) aufgenommen. Nach einer Analyse des neuen Prozesses empfahl die EFA das BMUB-Umweltinnovationsprogramm und begleitete das Unternehmen bei der Antragstellung.
Das Vorhaben wurde schließlich mit Mitteln in Höhe von 850.000 Euro aus dem Umweltinnovationsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Nach der Bewilligung eines Zuschusses wurde die EFA mit der Abwicklung des Förderbescheids und der Durchführung eines Messprogramms beauftragt. Insgesamt investierte das Messingwerk ca. 3,95 Mio. Euro in die neue Technologie.
Der vollständige Abschlussbericht zum Förderprojekt kann heruntergeladen werden unter: www.umweltinnovationsprogramm.de.
Zur Messingwerk Plettenberg Herfeld GmbH & Co. KG
Das Messingwerk Plettenberg produziert Präzisionsbänder und -rohre aus Messing und weiteren Kupferlegierungen für industrielle Anwendungen. Seit 1902 in der Halbzeugproduktion tätig, ist das Messingwerk ein führender konzernunabhängiger Messing- und Kupferbandproduzent in Europa. Im Bereich Messingrohre ist das Unternehmen deutscher Marktführer.
Weitere Informationen:
www.messingwerk.de