Etwa 300.000 Menschen in Deutschland - rund 40 Millionen weltweit - hören so schlecht, dass sie ohne visuelle Hilfen aus vielen Bereichen unserer Gesellschaft weitgehend ausgeschlossen wären. Deshalb haben sie in zahlreichen Lebenssituationen einen Rechtsanspruch auf Unterstützung. Bisher wurden dafür persönlich anwesende Gebärdensprach- oder Schriftdolmetscher zur Verfügung gestellt. Die Kostenübernahme erfolgt durch die gesetzlich vorgegebenen Kostenträger wie z. B. die Agentur für Arbeit, Integrationsämter, Krankenkassen oder die Kommunen. "Durch den bundesweiten Mangel an qualifizierten Gebärdensprach- und Schriftdolmetschern können jedoch viele hörgeschädigte Menschen ihren Rechtsanspruch nicht verwirklichen", sagt Michaela Nachtrab, Geschäftsführerin der VerbaVoice GmbH. Deshalb hat das Start-Up Unternehmen aus München mit der Unterstützung zahlreicher Partner einen mobilen Schriftdolmetschdienst entwickelt.
Mit VerbaVoice erhalten Hörgeschädigte über ein Mobiltelefon oder ein internetfähiges Endgerät das Gesprochene als Text angezeigt, mit hoher Genauigkeit und nahezu in Echtzeit übermittelt. Sie können dadurch z. B. Besprechungen in der Arbeit oder einer Vorlesung an der Hochschule durch Mitlesen folgen. "Die Basis von VerbaVoice ist eine neuartige Kombination aus automatischer Spracherkennung, selbst entwickelten Anwendungen und moderner Mobiltechnologie", erläutert Michaela Nachtrab. VerbaVoice funktioniert dabei so: Die Sprache wird über ein Mikrofon und das Internet an einen Schriftdolmetscher übertragen, dieser transkribiert das Gehörte live und schickt den Text zurück an das Endgerät des Nutzers. Das System ersetzt so bestehende Angebote durch eine effiziente und kostensparende Lösung und wurde deshalb bereits als Kommunikationshilfe durch das Bayerische Sozialministerium und die Integrationsämter anerkannt.
Doch nach wie vor ist die Beantragung der finanziellen Hilfen zur Nutzung dieses Dienstes mit erheblichem "Papierkrieg" verbunden. Deshalb richtete der Münchener IT-Dienstleister eggs unimedia in einem Projekt auf Basis der LiveCycle-Technologie von Adobe eine Formularplattform ein, über die alle notwendigen Prozesse digital abgewickelt werden können. Wenn der Hörgeschädigte zu einem bestimmten Termin Unterstützung benötigt, beantragt er über ein Webportal den Termin und alle im System angemeldeten Dolmetscher werden automatisch informiert und können den Auftrag annehmen. Verbavoice stellt den Antrag auf die finanzielle Hilfe und organisiert im Hintergrund auch direkt die Abrechnung. "Wir haben dazu mehrere komplexe Prozesse von Papier auf einen elektronischen Workflow umgestellt", berichtet Michael Deiß, Geschäftsführer von eggs unimedia. Zukünftig wird Verbavoice auch direkt aus einer Datenbank das passende PDF-Formular des jeweiligen Kostenträgers zur Verfügung stellen.
Dabei haben die Entwickler immer darauf geachtet, dass die Bedienerfreundlichkeit der Software gewährleistet ist. Deiß: "Die Benutzer sollen nichts davon merken, wenn wir mit dem System komplizierte Abläufe abbilden." Auch für Unternehmen, die zum Beispiel im Personalwesen papiergebundene Formularprozesse ablösen wollen, sei der digitale Workflow mit Hilfe der Enterprise-Plattform von Adobe ideal zur Reduzierung von zeitraubenden und kostenintensiven Medienbrüchen. "Und Behörden, die trotz vieler und oft unverständlicher Anträge einen bürgerfreundlichen Service aufbauen wollen, können bei VerbaVoice sehen, dass so etwas heute mit relativ geringem Aufwand möglich ist", erklärt Michael Deiß.