Hochgenau, klein und batteriefrei – bislang unerreicht bei RFID-Sensorik
„Mein Ziel war es, präzise mikroelektronische Low-Power-Sensorik mit miniaturisierter und passiver RFID-Technologie zu kombinieren. Wenn das gelingt, werden viele Anwendungen erst möglich, beispielsweise im Bereich Life Sciences“, sagt Jun Tan. „Hochgenaue Einzelsensoren gibt es schon, z.B. Temperatursensoren, die von –55°C bis 125°C messen können und dabei bis auf ±0,15°C genau sind. Die sind aber nicht ohne weiteres für drahtlose Messungen per RFID geeignet oder gar für passive, also batterielose RFID-Transponder.“ Bei passiver und damit wartungsfreier RFID-Sensorik erzeugt die RFID-Ausleseeinheit ein magnetisches Feld, das dazu ausreicht, den RFID-Transponder mit Strom zu versorgen, Messdaten zu erfassen und zu senden.
Dafür waren nicht nur Konzepte für äußerst energieeffiziente Schaltungen gefragt, damit diese mit dem wenigen Strom aus dem RFID-Feld arbeiten können. Es musste auch sichergestellt werden, dass weder die Energieversorgungen noch die drahtlose Kommunikation die anvisierten hochpräzisen Messungen stören. „Für Anwendungen mit kleinem Bauraum ist es außerdem besser, den Temperatursensor direkt im Chip zu integrieren“ erklärt Tan weiter. „Auch da gibt es schon Lösungen, die bilden aber nur sehr schmale Temperaturkorridore von z.B. 50 – 60 °C ab und sind darin nur bis ±0,8 °C genau.“
Neues Messkonzept für bis dato höchste Genauigkeit und größten Arbeitsbereich
Jun Tans Konzepte sind in einen RFID-Chip gemündet, dessen integrierter Temperatursensor in einem großen Bereich von 0°C bis 125°C mit einer systematischen absoluten Genauigkeit (3σ) von ±0,4°C messen kann. An diesen Chip muss bis auf die RFID-Antenne keine weitere Komponente angeschlossen werden und er erreicht die höchste Genauigkeit mit dem größten Arbeitsbereich im Vergleich zu den derzeit bekannten RFID-Temperatursensoren.
„Dass der Chip so genau arbeitet, liegt vor allem an dem neuen Power-Management- und Kommunikationskonzept“, so Jun Tan. „Der Sensor an sich kann genau sein. Davon habe ich aber nicht viel, wenn ich gleichzeitig Daten empfange und eine Messung durchführe, weil der Sensor immer genau dann gestört wird, wenn das Lesegerät Temperaturdaten abfragt.“ Tan hat daher eine Lösung entwickelt, bei der durch einen einzelnen Befehl mehrere Messwerte seriell aufgenommen und übertragen werden können. Sein Power-Management-System stellt dem Temperatursensor eine stabilisierte Versorgungsspannung bereit. Die Kombination dieser beiden Ansätze verbessert die Genauigkeit um den Faktor 16.
Arbeiten gehen Hand in Hand mit neuen RFID-Entwicklungen für die Industrie
„Jun Tan hat nicht nur für diesen Chip neuartige Konzepte erarbeitet, seine Arbeiten in den für die RFID-Community maßgeblichen Journals veröffentlicht und sogar auch auf einer IEEE-Konferenz in Japan den Best-Paper-Award gewonnen“, erklärt Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ralf Sommer, Tans Doktorvater und wissenschaftlicher Geschäftsführer des IMMS sowie Fachgebietsleiter für Elektronische Schaltungen und Systeme an der TU Ilmenau. Seine Ansätze habe er über die Jahre in verschiedenen F&E-Projekten am IMMS erarbeitet, mit Anforderungen aus der Industrie gespiegelt, konsequent weiterentwickelt und in neue Konzepte fließen lassen, die für die Dienstleistungsangebote des IMMS in der RFID-Sensorik weiter verfolgt würden, so Sommer weiter. Dabei gehe es vor allem um passive RFIDSensor-Transponder-Chips, mit denen sich verschiedene kommerzielle Einzelsensoren betreiben lassen. „Im Vergleich zu Jun Tans vollintegriertem RFID-Temperatursensor löst dort ein RFID-Chip dank neuer Konzepte die Energieversorgungs-, Signalqualitäts- und Kommunikationsprobleme mehrerer einzeln angeschlossener Sensoren, was vorher so nicht möglich war. Damit können neue PointofCareAnwendungen und Automatisierungslösungen schneller, einfacher und preiswerter entwickelt werden. Ohne Jun Tans Arbeiten wären wir hier noch nicht da, wo wir jetzt sind.“