Bedarf an Präzisionsmaschinen wächst
Die fortschreitende Miniaturisierung technischer Produkte führt in vielen Industriebereichen zu einem wachsenden Bedarf an Präzisionsmaschinen, mit denen kleinste Strukturen und Objekte hochgenau vermessen und bearbeitet werden können. Viele solcher Objekte besitzen räumliche Ausdehnungen im Millimeter- bis Zentimeterbereich, während Oberflächenmerkmale und Funktionselemente nur wenige Mikro- oder Nanometer groß sind. Ein Beispiel dafür sind Belichtungsmasken, mit denen in der Halbleiterfertigung nanometergenaue Strukturen für Mikroelektronik-Chips realisiert werden.
Interferometer ermöglichen hochpräzise Messungen, müssen aber im Vakuum arbeiten
Für Präzisionsmessungen an diesen Objekten, insbesondere auch für Längenmessungen im Nanometerbereich, werden Interferometer eingesetzt. Für die Messung werden Interferenzen detektiert, die bei der Überlagerung von Lichtwellen auftreten.
Bei hohen Präzisionsanforderungen wirken sich bereits minimale Änderungen des Brechungsindex in Luft aufgrund von Temperatur, Druck und Feuchte negativ aus. Um diese dominierende Fehlerquelle zu vermeiden, ist eine Anordnung der Interferometer im Vakuum von Vorteil. Viele Messobjekte und Prozesse sind jedoch für den Einsatz im Vakuum nur begrenzt geeignet. Daher werden seit langem Interferometer eingesetzt, deren Strahlengang weitgehend im Vakuum verläuft und dazu von einem Metallbalg gekapselt ist.
Neue Dichtungsanordnung trennt Vakuum fürs Interferometer vom Antrieb und ermöglicht präzisere Messungen
Die von IMMS und PTB entwickelte alternative Dichtungsanordnung bietet ein Interferometergehäuse mit einem luftgelagerten Deckel. „Durch Absaugkanäle und Dichtspalte konnten wir das Vakuum im Deckel berührungsfrei abdichten“, erklärt Steffen Hesse vom IMMS. Deckel und Gehäuse sind dadurch reibungsfrei zueinander verschiebbar – und das nicht nur in Messrichtung, sondern auch quer dazu. „Auf diese Weise kann der Deckel, der den Messstrahl einkapselt, der Bewegung des Messobjekts sehr genau nachgeführt werden, was für eine hochgenaue Erfassung der Messobjekt-Position unbedingt erforderlich ist.“
Die neuartige Dichtungsanordnung reduziert so wie die herkömmliche Balg-Lösung die Messunsicherheit eines interferometrischen Messsystems, ohne auch das Antriebssystem mit dem zu bewegenden Objekt im Vakuum betreiben zu müssen. Im Vergleich zu den bekannten Lösungen können auch andere störende Einflüsse auf das Messergebnis erheblich reduziert werden. „Hierzu trägt auch die vollständig differentiell ausgelegte Interferometeroptik bei“, so Dr. Jens Flügge von der PTB. „Wir haben durch die Interferometeranordnung zusätzlich die Abmessungen der Koppelung zwischen Messobjekt, Sensorik und Interferometer verkürzt, was die Empfindlichkeit gegen Variationen der Umgebungsbedingungen wie Schwingungen und Temperatur verringert. Durch die geschickte Aufnahme der durch das Vakuum entstehenden Kräfte vermeiden wir unerwünschte Verformungen der Optik und des Metrologierahmens, die die Messungen verfälschen könnten.“ Das System kann problemlos auch in zwei-dimensionalen Anwendungen genutzt werden. Ein auf das Design angepasstes, vollständig differentielles Interferometer mit unter 10 Pikometer Rauschen und Nichtlinearitäten wurde erfolgreich in Betrieb genommen.
Deutsches Patent: DE 10 2019 117 636 B3
Patentanmelder/-inhaber: IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS GmbH); Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Erfinder: Steffen Hesse, Michael Katzschmann, Hans-Ulrich Mohr, Dr. Christoph Schäffel (IMMS); Dr. Jens Flügge (PTB)