Vertikalantrieb für die 3D-Nanofertigung
„Viele technische Systeme werden immer mehr miniaturisiert. Die Produkte selbst sind noch einige Millimeter bis Zentimeter groß. Oberflächen und Funktionselemente müssen aber im Produktionsablauf nanometergenau strukturiert und positioniert werden. Dazu braucht es immer genauere Präzisionsmaschinen,“ erläutert Stephan Gorges. Zwar könne man bereits in der Fertigung unter 10 Nanometer strukturieren – allerdings nur relativ langsam, begrenzt genau, ohne Fehlerkorrekturen im laufenden Prozess und vor allem nur in kleinen Bearbeitungsbereichen von einigen 100 Quadratmikrometern. Doch nicht nur größere Arbeitsbereiche in einer Ebene sind laut Gorges für eine perspektivische Industrietauglichkeit wesentlich: „Vertikale Bewegungen sind eine besondere Herausforderung. Denn die Schwerkraft des bewegten Objektes muss permanent kompensiert werden.“ In seiner Dissertation hat er eine vertikale Hub- und Antriebseinheit erforscht und entwickelt, die einen elektromagnetischen Präzisionsantrieb sowie eine pneumatische Gewichtskraftkompensation beinhaltet, sich in Gesamtsysteme integrieren lässt und anwendungsrelevante Kriterien berücksichtigt.
Graduiertenkolleg zur 3D-Nanofabrikation in ausgedehnten makroskopischen Arbeitsbereichen
Um im großen Maßstab nanometergenau und mit Fehlerkorrekturen Freiformen in 3D fertigen zu können, forschen seit April 2017 insgesamt 13 Doktoranden im NanoFab-Graduiertenkolleg und werden von Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern der TU Ilmenau und des IMMS betreut. Diese arbeiten an verschiedenen methoden- und objektorientierten Themenfeldern auf Ebenen zu Theorie und Metrologie, zu Tools und Parallelisierung sowie zu Kinematik und Steuerungen u.a. zu den Themen Lithographie, optische Mikrosysteme, Echtzeitsteuerung und mehrdimensionale Kraftpositionskontrolle.
Von der Forschung zur Industrie
„Der vorgestellte parallelkinematische Ansatz zeichnet sich nicht nur durch seine gute Integrierbarkeit, geringste negative Einflüsse auf die umliegenden Systeme und die Verteilung der Last auf mehrere Stellglieder aus,“ so die Einschätzung von Prof. Eberhard Manske, Leiter des Fachgebiets für Fertigungs- und Präzisionsmesstechnik an der TU Ilmenau sowie Leiter des Graduiertenkollegs. Vertikalantriebe seien zudem ein weiterer Meilenstein in der fast 25-jährigen Zusammenarbeit mit dem IMMS, das durch seine Expertise auf dem Gebiet der Präzisionsantriebssysteme einen äußerst wertvollen Beitrag zu den Forschungsarbeiten der TU leiste. „Das IMMS ist ein wichtiger Partner der TU, um die Nanopositionier- und Nanomesstechnik in industrielle Anwendungen zu transferieren,“ erklärt Manske. So sind etwa planare Präzisionsantriebe des IMMS in Anlagen eingeflossen, mit denen weltweit in der Halbleiterfertigung dünne 300mm-Halbleiter-Wafer hochpräzise per Laser-Dicing zu Mikroelektronik-Chips vereinzelt werden.
„Die Anforderungen aus der Industrie gehen hin zu immer präziseren Systemen. Da reden wir schon von Pikometern. Gleichzeitig sollen aber immer größere Hub-Bewegungen in der Fertigung ausgeführt werden. Um das unter einen Hut zu bekommen, brauchen wir die Forschungskooperation mit der TU,“ erläutert Dr. Christoph Schäffel, Themenbereichsleiter für Mechatronik am IMMS, der neben Prof. René Theska und Prof. Bernd Hans Schmidt Gutachter für die Promotion war und der Stephan Gorges am IMMS betreut hatte. „Hochpräzisionsantriebe für neue Anwendungen sind am IMMS ein strategisch wichtiges Thema. Da sind wir permanent dran,“ so Schäffel weiter. Gearbeitet werde hierfür z.B. an streufeldarmen Planarmotorstrukturen, der Skalierung der Fahrbereiche und neuartigen Lösungsansätzen zur Steuerung und Regelung solcher Antriebe.
Bereit zum Start
Der entwickelte Vertikalantrieb wird derzeit im Labor des IMMS aufgebaut. Für Stephan Gorges geht es nahtlos am IMMS weiter. Er wird sich in einem kürzlich gestarteten Projekt daran beteiligen, die Hub- und Antriebseinheit auf einen größeren Positionierweg zu skalieren und an eine neue Applikation anzupassen. Mit Kollegen zu arbeiten, die laut Deutscher Forschungsgemeinschaft den Weltstand auf dem Gebiet der Nanopositionier- und Nanomesstechnik mitbestimmen, sei ein großer Ansporn für ihn. „Es ist toll, dass wir die Technik so präzise und in dem Fall ja auch buchstäblich zum Fliegen kriegen. Dafür legen sich hier alle ins Zeug und begegnen sich gleichzeitig auf Augenhöhe. Man hilft sich gegenseitig und lernt viel voneinander – das möchte ich jetzt gerne weitergeben.“