12,1 Millionen Euro: So hoch lag 2022 der Schaden der Deutschen Bahn für Graffiti. Ein Sechstel davon entfiel allein auf Regional- und S-Bahn-Züge in Berlin und Brandenburg. Auch der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) ist das Problem bestens bekannt: Die Vandalismusschäden belaufen sich jährlich auf vier bis fünf Millionen Euro, rund eine Million Euro allein für Graffiti. Graffiti taucht auf Fußböden, Wänden, Interieurteilen und vor allem in den WCs auf. Bahngesellschaften, BVG und viele andere Betreibergesellschaften arbeiten inzwischen verstärkt mit Videoüberwachung in den Zügen, um Täter abzuhalten und zu identifizieren. Zudem werden an Bahnhöfen Folien oder Beschichtungen angebracht, das Fensterglas mit Schutzfolien versehen und die Fahrzeuge mit transparenten Schutzlacken ausgestattet. Letztere sollen dabei helfen, dass sich Graffitis und sogenannte Tags – Schriftzüge mit dicken Fasermarkern – einfacher entfernen lassen.
Hohe Beständigkeit, leichte Reinigung
Diese Schutzlacke haben gleich zwei Aufgaben zu erfüllen: Sie müssen beständig gegen die regelmäßigen und zum Teil scharfen Reinigungsmittel sein und eine einfache Abreinigung von Graffitis und anderen Beschmutzungen ermöglichen. Dabei sind die Qualitätsansprüche hoch, denn die Bauteile in Zügen oder U-Bahnen unterliegen einer betriebstypischen hohen Belastung. „Für die Haltbarkeit der Oberflächen wird eine Lebenszeit von mindestens zehn Jahren gefordert, die Züge selbst sollen bis zu 40 Jahre halten“, erläutert Dr. Hilmar Weisse, Vertriebsleiter bei FreiLacke.
Härtetest für Oberflächen
U-Bahnen und Züge werden fast täglich von innen gereinigt, von außen reicht normalerweise ein wöchentlicher Durchlauf in der Waschanlage. „Hier gilt: Je besser die Oberfläche, desto einfacher ist das Graffiti zu entfernen. Wenn der Lack offene Strukturen aufweist, wird es schwierig“, erklärt Bohne. Um sämtliche Verschmutzungen schnell und effektiv zu entfernen, setzen die Betreiber auf starke, zum Teil aggressive Reinigungsmittel. Graffiti müssen grundsätzlich manuell entfernt werden, was weder in Waschanlagen noch mit Reinigungsmaschinen gelingt. Zugbegleiter haben deshalb spezielle Reinigungstücher im Gepäck, um sie sofort bestmöglich abzuwischen. Ansonsten werde ein spezieller Graffitientferner auf die jeweilige Stelle aufgetragen, der einem typischen Abbeizer ähnelt, sagt Weisse: „Oft muss der Vorgang mehrfach wiederholt werden. Das ist für die Mitarbeiter aufgrund der hohen körperlichen Belastung sehr anstrengend und vielfach leider auch mit Gesundheitsbelastungen durch Lösemitteldämpfe verbunden.“ Die „Künstler“ wüssten gar nicht, was für einen Rattenschwanz an Aufwand und Kosten sie mit ihren schnell dahingeschmierten Tags und Graffitis auslösten, und dass es am Ende Menschen sind, die dafür einen hohen Einsatz leisten. Auch für die Oberflächen ist die Behandlung ein regelmäßiger Härtetest.
Qualifizierung von Lacksystemen
Als Betreiberunternehmen macht die Deutsche Bahn Herstellern wie Stadler, Siemens oder Alstom konkrete Vorgaben an die Beschichtung. So gelten beispielsweise die Standards DBS 918300 für Flüssiglack und die DBS 918340 für Pulverlack. Für die Pulver- oder Flüssiglackbeschichtung im Fahrgastraum sind die Vorgaben aus Blatt 38 des DBS anzuwenden. Wenn die Bahn pulverbeschichtete Teile einkauft, müssen die Lacke die Standards nach DBS 918340 erfüllen. Diese Richtlinie gibt vor, wie ein Pulverlack zu prüfen ist, damit er bestimmte Parameter in Bezug auf die Innen- oder Außenbeschichtung von technischen oder dekorativen Bauteilen erfüllt.
Die DBS qualifiziert die Lacksysteme der Hersteller und spricht auch bahnintern Empfehlungen aus. Wenn beispielsweise der Fernverkehr neue ICEs kauft, unterstützt die DBS das Lastenheft, erstellt einen Beschichtungsplan und gibt die Qualitätsstufe entsprechend DBS vor. Aber auch, wenn ein Fahrzeugbetreiber zum Beispiel einen erhöhten Graffitischutz benötigt, gibt es Empfehlungen seitens der DBS.
Anforderungen der Deutschen Bahn erfüllt
In den beiden Listen der DBS-qualifizierten Lacke befinden sich aktuell (Stand Juli 2024) insgesamt rund 230 Lacke verschiedener Hersteller. Doch nur eine einzige Kombination aus Pulver- und Flüssiglack erfüllt zusätzlich auch die Anforderungen aus Blatt 50, „Technische Lieferbedingungen für Beschichtungsstoffe für Schienenfahrzeuge“: der Systemlack aus Pulverlack Freiotherm PZ5 sowie der Flüssiglack DC1983 von FreiLacke. „Das Produkt erfüllt zusätzlich die Anforderungen an die Sperrwirkung, Beständigkeit gegenüber Reinigungsmitteln, Graffitientfernungsmitteln und die wiederholte Entfernung von Graffitis des Blatt 50 der DBS 918300“, heißt es in den Produktqualifikation der DB Systemtechnik. So erfolgt mit PZ5 und DC1983 kein Erweichen und/oder Quellen, keine Rissbildung, kein Abblättern, keine Rückstände von Tinten oder die Ausbildung von „Schatten“. Die wiederholte Entfernung von Graffiti gelingt rückstandsfrei ohne Verfärbung. Zudem sind Pulver- und Flüssiglack bei Reparatur oder Lackauffrischung ohne Haftfestigkeits-Probleme mit sich selbst überbeschichtbar.
Zusätzlicher Permanentschutz verzichtbar
„Ein separater Schutzlack ist nicht mehr erforderlich, denn unsere Lacksysteme bringen die Schutzwirkung gleich mit. Sie erfüllen zudem die hohen Anforderungen der Bahn nach Blatt 50, wie uns jetzt ein unabhängiges Institut bestätigt hat“, berichtet Lackspezialist Weisse.
Bei der Entwicklung von PZ 5 und DC1983 als Systemlacke aus Pulver- und Flüssiglack kam die bestmögliche Technologie zum Einsatz, ein besonders hochwertiges Polyurethan, um die maximale Schutzleistung für die Kunden zu erbringen. Bereits seit drei Jahren sind die PZ5-Pulverlacke auch bei der BVG in Berlin auf Haltestangen, Deckenpaneelen, Blenden der Sitze und Lampen sowie auf den Innenseiten der Türen im Einsatz; die Türsäulen der U-Bahnen bestehen aus GFK und werden mit dem farblich abgestimmten Flüssiglack beschichtet. Appliziert werden die Lacke bereits bei Schienenfahrzeughersteller Stadler in Berlin bzw. seinen Zulieferern: „Der PZ5 ist hoch vernetzt und deshalb sehr engmaschig, was ihn extrem chemikalienbeständig und haltbar auch bei aggressiven Reinigungsmitteln macht“, sagt Kevin Sloniecki, Qualitätsmanager Fachingenieur für Oberflächentechnik bei Stadler und verantwortlich für die Oberflächentechnik.
Kosten, Zeit und Aufwand reduziert
Der zertifizierte Frosio-Beschichtungsinspekteur entwickelt zudem Vorgaben für die Lackierungen und ist für Wagenkastenlackierungen zuständig. „Der PZ5 erfüllt auch die internen Standards von Stadler und bietet einen hohen Korrosionsschutz gegen Waschanlagen und Reinigungsrückstände.“ Was sein Team an FreiLacke schätzt? „Die flachen Strukturen und dass man nicht beim Verkäufer hängen bleibt, sondern direkt mit den Technikern sprechen kann“, so Sloniecki.
„Inzwischen kommt der Systemlack aus PZ5 DC1983 auch bei anderen Herstellern von Schienenfahrzeugen zum Einsatz“, erläutert Weisse. Er ist sich sicher, dass es keine anderen Lacksysteme auf dem Markt gibt, die diese enorme Leistungsfähigkeit mitbringen. Und damit einen so effektiven Schutz vor Graffiti und Tags bieten und den Bahnbetreibern helfen, Kosten, Zeit und Aufwand nachhaltig einzusparen.
Die Lacke im Detail
EFDEDUR-Lackfarbe DC1983
Lösemittelhaltiger 2K-Polyurethan-Decklack mit Isocyanat-Härter für Schienenfahrzeuge und Komponenten mit sehr guter Licht- und Wetterbeständigkeit auf Grundierungen und Füllern.
Das Produkt erfüllt neben der DBS 918 300, Blatt 38 zusätzlich die Anforderungen an die Sperrwirkung, Beständigkeit gegenüber Reinigungsmitteln, Graffitientfernungsmitteln und die wiederholte Entfernung von Graffitis des Blatt 50 der DBS 918 300.
FREIOTHERM-Pulverlack PZ5
Pulverlack auf PUR-Basis für den dekorativen Inneneinsatz mit sehr guter Temperaturbeständigkeit und Chemikalienbeständigkeit auf Grundierungen und Füllern für Schienenfahrzeuge und Komponenten.
Das Produkt erfüllt neben der DBS 918 340 zusätzlich die Anforderungen an die Sperrwirkung, Beständigkeit gegenüber Reinigungsmitteln, Graffitientfernungsmitteln und die wiederholte Entfernung von Graffitis des Blatt 50 der DBS 918 300.