So werden in allen Branchen agile Methoden und Frameworks immer wichtiger, allen voran die Branchen Versicherung, Automobilindustrie, Beratung, Chemie und IT. „75 Prozent der befragten Organisationen wenden agile Management-Methoden in der Produktentwicklung und im Projektmanagement an. 30 Prozent der Befragten verwenden schon ausschließlich agile Methoden…“ * Dieser Trend ist ungebrochen.
So sollen aktuell beispielsweise digitale Risiken, wie etwa Hacker-Angriffe oder der Verlust von Passwörtern versichert werden, ebenso wie die Folgen der Klimakrise. Und nicht zuletzt haben die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg gezeigt, dass Märkte sich in extrem kurzer Zeit massiv ändern können.
Hier kommt Agilität ins Spiel. Um für die Herausforderungen der Gegenwart und die Unwägbarkeiten der Zukunft gewappnet zu sein, stellt sich nicht die Frage, ob man agile Methoden nutzen sollte. Die Frage ist, wie schnell man agil werden kann und wie weit man agile Prozesse im eigenen Unternehmen ausrollt.
Im kleinen Rahmen ist Agilität schnell implementiert. In vielen IT-Abteilungen läuft die Software-Entwicklung bereits mit Scrum, dem Quasi-Industriestandard für agile IT-Projekte. In kurzen Intervallen wird die Software iterativ und inkrementell programmiert und das Ergebnis mit den Erwartungen abgeglichen. Allerdings ist in den meisten Fällen die Software nur ein kleiner Teil des Gesamtprodukts. Für eine vollständig agile Produktentwicklung müssen alle beteiligten Abteilungen im Boot sein. Im Idealfall beginnt mit dem Zusammenbringen von Fachabteilungen und Entwicklern ein Transformationsprozess, an dessen Ende alle relevanten Teile des Unternehmens agil arbeiten.
Um Scrum und andere agile Methoden auf mehrere Teams und letztlich das ganze Unternehmen zu skalieren, gibt es etablierte Frameworks und Methodiken, wie etwa Large Scale Scrum (LeSS), das Scaled Agile Framework (SAFe) und Nexus. Da aber jedes Unternehmen einzigartig ist, kann es nicht immer in die Vorgaben dieser Frameworks gepresst werden. Daher sind ebenso häufig individuelle Lösungen zu finden, die sich jedoch meist eng an den Grundideen dieser Frameworks orientieren.
Zu jeder dieser möglichen Herangehensweisen an eine agile Unternehmenstransformation gibt es Ablaufpläne und Erfolgsstorys. Was jedoch häufig nicht genannt wird, sind die Fallstricke und Fehler, die einen agilen Transformationsprozess behindern oder gar gänzlich scheitern lassen.
Die ersten Probleme können bereits beim ersten Scrum-Team entstehen. Das Team soll sich selbst managen und der Product-Owner muss mit ausreichend Kompetenzen versehen werden, um relevante Entscheidungen selbstständig zu treffen. Für das Selbst-Management des Teams ist es von entscheidender Bedeutung, dem Team Entscheidungsgewalt zu übertragen, welche zuvor dem Projektleiter zugeordnet war. Die Herausforderung an dieser Stelle ist das richtige Maß an Entscheidungsfreiheit. Hat das Team keine solche Freiheiten, dann ist es definitionsgemäß nicht agil. Hat es jedoch zu viele Kompetenzen, besteht die Gefahr für Chaos. Ebenso benötigt der Product-Owner das richtige Maß an Kompetenzen, um zeitnah Probleme lösen zu können. Eine schrittweise Ausweitung der Befugnisse des Teams basierend auf seiner Reife als Team und dem Wert, den es bisher geschaffen hat ist hier die Lösung.
Die nächste Aufgabe ist die transparente Gestaltung des Transformationsprozesses und die Einbindung der Mitarbeiter. Agile Methoden funktionieren langfristig nur, wenn die Akteure die agilen Ideen und Werte auch verinnerlichen. Wer gezwungen wird, von heute auf morgen agil zu arbeiten, wird in der Regel Motivationsprobleme haben, diese Arbeitsweise mitzutragen. Der Rückfall in alte, persönliche Verhaltensmuster und organisatorische Vorgehensweisen ist dann kaum vermeidbar. Eine agile Transformation muss von jedem Beteiligten, vom Mitarbeiter bis zum Vorstand, voll mitgetragen und gewollt werden. Für den unternehmensweiten Erfolg der agilen Transformation muss daher volle Transparenz gegeben sein, damit auch die Mitarbeiter, die erst in späteren Schritten agil werden sollen, schon frühzeitig von den Benefits überzeugt werden.
Die zeitliche Planung ist ein möglicher Fallstrick für die Einführung agiler Prozesse und Methoden ebenso, wie bei der Agilität ganzer Organisationen und Unternehmen. Viele Unternehmen versuchen, möglichst schnell agil zu werden. Ein sofortiger Umstieg per Stichtag ist zum Scheitern verurteilt. Mitarbeiter können nicht von heute auf morgen komplett anders arbeiten. Viele werden bald in ihre bisherigen Arbeitsmustern und Entscheidungshierarchien zurückfallen. Die richtige Geschwindigkeit bei der Einführung agiler Methoden ist entscheidend, damit alle Mitarbeiter frühzeitig darauf vorbereitet werden können. In vollständig agilen Unternehmen werden Verantwortlichkeiten neu verteilt und manche Stellenbeschreibungen fallen weg. In diesem Fall gilt es, betroffenen Mitarbeitern entsprechende Perspektiven zu eröffnen.
In der Regel benötigt eine agile Transformation mehrere Jahre, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Dies beginnt meist mit dem Einsatz von Scrum auf der Teamebene. Setzt sich dann auf Programm-, Management- sowie Strategie/ Portfolio-Ebene fort. Agilität ist dann jedoch noch nicht zwingend in den Köpfen aller Mitarbeitenden verankert. Wenn Ergebnisse ausbleiben, wird dies oft auf die agilen Arbeitsweisen projiziert. Anstatt die Hintergründe sowie die Umsetzung in Frage zu stellen. Hier muss optimiert werden. Zusätzliche Expertise und Begleitung in Form einer externen Partnerschaft zur Bewältigung der Herausforderungen der agilen Transformation kann hier die Lösung sein.
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* Quelle: Agile Pulse 2022, die Agilitätsstudie von BearingPoint
Autor: Martin Goller