Seit der Firmengründung vor 41 Jahren, 1969, hat das Unternehmen alle Höhen genutzt, alle Tiefen erfolgreich durchschritten und ist heute international Marktführer mit Mobil- und Raupenkranen: Weit über 20.000 wurden bisher ausgeliefert. Bei All-Terrain-Kranen beträgt der Weltmarktanteil über 40 Prozent (Abb. 2).
Das Erfolgsrezept der Ehinger ist "Sorgfalt und Qualität". Sorgfalt und Qualität, die das komplexe Zusammenspiel von Mechanik, Hydraulik, Elektronik, Software und tonnenweise hochfestem Feinkornbaustahl zuverlässig ermöglichen. So ist es auch der starke Fokus auf die Qualität, der in der Produktion stets für Innovation in Form modernster Fertigungsverfahren sorgt - auch im Sinne der Produktivität; von der die Unternehmensspitze sagt: "Produktivität ist eine Wissenschaft".
Seit geraumer Zeit setzt auch Liebherr zum Schweißen der unzähligen Bleche und Rohre für die hoch belastbaren Teleskop- und Raupenkrane auf das derzeit fortschrittlichste MAG-Verfahren forceArc® vom deutschen Marktführer EWM aus Mündersbach (Abb. 3). Neben dem angestrebten Zugewinn an Prozesssicherheit brachte die Investition dem Kranbauer nahezu überraschend eine Reihe weiterer Vorteile.
Geprüfte Qualität
Welchen Anteil das thermische Fügen an der Gesamtfertigung hat, zeigt allein die Anzahl hochqualifizierter Schlosser und Schweißer mit Prüfzeugnissen nach DIN EN ISO 287 - 1.230 Facharbeiter fertigen täglich in zwei Schichten. Damit sich Qualität, Produktivität und Fortschritt bei den komplexen Arbeiten stets weiterentwickeln, setzt Liebherr auch bei der Schweißaufsicht auf eine gesunde Mischung aus Erfahrung und Neugier. Vier Personen kümmern sich mit viel Engagement um alle Belange rund um die perfekte Schweißnaht (Abb. 4). Das ausschließliche Fügeverfahren in der Fertigung ist das Metall-Aktivgas Schweißen (MAG), sowohl manuell als auch automatisiert mit Schweißrobotern (Abb 5). "Alle Nähte, die für die Statik der Krane relevant sind, werden nach Vorgabe der Konstruktionszeichnung einer Ultraschall- und Oberflächenrissprüfung unterzogen", beschreibt Schweißfachingenieur (IWE) Dipl.-Ing. Reinhard Örtl, Vorgesetzter des Teams Schweißaufsicht (Abb. 6), "generell geschieht dies an allen tragenden Baugruppen - ob für Mobil- oder Raupenkrane, ob an Teleskop- oder Gitterauslegern. Da beim herkömmlichen MAG-Schweißen prozessbedingt immer auch Bindefehler auftreten können, ist das gewissenhafte Prüfen unerlässlich. Wird eine noch so kleine Ungänze entdeckt, bedeutet dies: die Schweißnaht muss komplett ausgefugt - abgetragen - werden. Ein Faktor, der unserem Sicherheits- und Qualitätsstreben zwar Rechnung trägt, der Produktivität jedoch sehr abträglich ist".
STS - willkommene Vorstellung
Schon seit vielen Jahren leistet die STS Schweißtechnische Anlagen GmbH, Kornwestheim, im Ehinger Werk wertvolle Beratung, rüstet es mit Schweißgeräten wie mit schweißtechnischem Zubehör aus, garantiert den reibungslosen Service und vermittelt Fachwissen. Mitte 2007, bereits kurz nach der Markteinführung des neuen MAG-Verfahrens EWMforceArc® in Verbindung mit der hochdynamischen Inverter-Schweißstromquelle Phoenix 521 Puls, stellte Wilfried Dohrmann von STS die Innovation dort vor. forceArc® eröffnete die Perspektive, den MAG-Prozess gegenüber herkömmlichen Stromquellen weitaus sicherer durchzuführen. Dazu Reinhard Örtl: "Zunächst informierten sich meine Kollegen der Schweißaufsicht über die Vorteile die uns forceArc® bringen könnte. Der Hersteller versprach einen besonders richtungsstabilen konzentrierten Lichtbogen mit hohem kinetischen Druck für erwünscht tiefen Einbrand und besonders gute Wurzelerfassung, keine Bindefehler. Diese Eigenschaften kommen unserer Schweißweise - ausschließlich Strichraupentechnik, insbesondere bei unseren Rohrkonstruktionen - sehr entgegen". (Abb. 7)
Wie steigert man Qualität?
Auf forceArc® eingestimmt, unternahm Sascha Wilde aus dem Team die ersten Schweißversuche damit im Westerwälder Technologiezentrum von EWM. Dazu bemerkt Sascha Wilde: "Diese Versuche haben auf Anhieb überzeugt, kurz darauf haben wir das erste Schweißsystem angeschafft. Im Frühjahr 2009 sind dann die größeren 'Mengen? gekommen. Heute sind 15 Systeme vom Typ Phoenix 521 forceArc® Puls mit Doppelkoffer in unserer Produktion", und er merkt an, "forceArc® hat uns die erhoffte und versprochene Prozesssicherheit gebracht und ist damit dem herkömmlichen MAG-Verfahren eindeutig überlegen". Auch die Steigerung der Schweißnahtqualität beurteilt Wilde: "Eindeutig - ja".
forceArc® bleibt in der Spur
Otto Schrode sieht noch einen weiteren Vorteil des forceArc®-Fügeprozesses: "Es gibt Nähte an Bauteilen, die trotz durchdachter Konstruktion für den Schweißbrenner mit MAG-Standard betrieben schwer zugänglich sind. Auch hier hilft uns der druckvolle Lichtbogen von forceArc® weiter (Abb. 8). Er brennt noch mit einem sehr langen freien Drahtende (Stickout bis zu 40 Millimeter) konzentriert und stets in der Spur". Auf die von der Neuerung Betroffenen, die Schweißer im Betrieb, angesprochen, führt Schrode aus: "Selbstverständlich waren unsere Fachkräfte in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden. Bei der Einführung sind wir zudem behutsam in kleinen Schritten vorgegangen. Unsere Mitarbeiter waren über Jahre die gleichen Maschinen gewohnt, kannten deren Eigenschaften, Stärken und Schwächen. Für den reibungslosen Übergang auf die neue Schweißtechnologie wurden daher zunächst nur einige Arbeitsplätze mit der Phoenix forceArc® ausgestattet, die Schweißer auf die Charakteristik des neuen Lichtbogentyps geschult, dessen Vorteile erörtert und erprobt. Schnell erkannten sie auch - was uns bei der Auswahl der Stromquelle besonders wichtig war - wie unkompliziert und reproduzierbar die idealen Schweißparameter zu finden sind, wie einfach sich die Maschine einstellen und regeln lässt". Aber auch die Service- und Wartungsfreundlichkeit der neuen Schweißsysteme begeistern in der Werkstatt. Hierbei lobt der zuständige Betriebselektriker, Gerhard Kneer, die gute Zugänglichkeit des Leistungsteils - vom Kühler, über den Lüfter, die Strombuchsen, die Leiterplatten.
Doppelter (Spars)Trumpf
Neben den besonderen Schweißeigenschaften und der hohen Prozesssicherheit, die sich nun bei Liebherr eingestellt hat, gibt es für das Team Schweißaufsicht noch weitere Trümpfe der EWM-Systeme, die stechen: "Die Mündersbacher haben uns einen Gerätetyp von der Stange geliefert, den wir 1 zu 1 angeschlossen und die Parameter eingestellt haben - und alles hat funktioniert, unseren besonderen Vorstellungen entsprochen", erinnert sich Sascha Wilde, "das haben wir so noch von keinem anderen Hersteller erlebt". Wilde betont: "Eingesteckt, mit Draht bestückt, Schutzgas angeschlossen und es ging los".
Dass man bei einer Investition in durchdachte Systemlösungen auch noch richtig sparen kann, kam für die Ehinger fast überraschend hinzu: "Für das Fügen der Baugruppen aus Feinkornbaustahl wird ein zweiter Schweißzusatzwerkstoff verwendet. Damit hier risssicher gearbeitet werden kann hat Liebherr schon seit vielen Jahren den Doppelkoffer im Einsatz. Ursprünglich als Eigenkonstruktion hergestellt, kamen die Stromquellenhersteller langsam mit mehr oder minder guten Lösungen nach. EWM bietet ein Systemkonzept, das man auf dem Markt so schwer findet", hebt Wilde hervor, "bei dieser Doppelkoffer-Lösung arbeitet die Phoenix mit zwei Drahtvorschüben in einem Gehäuse, jeweils mit unterschiedlichem Schweißdraht bestückt. Mit einem Griff zum Brenner und einem Knopfdruck auf den Brennertaster wechseln unsere Schweißer nun komfortabel und blitzschnell zwischen den unterschiedlichen Fügeaufgaben (Abb. 9). Rüstzeiten, wie wir sie von herkömmlichen Anlage kennen, entfallen nahezu komplett". Eine deutliche Aussage, welcher alle Team-Mitglieder uneingeschränkt zustimmen.
Zukunft bringt Kälte
Auch für die Lösung zukünftiger Schweißaufgaben sehen sich die Ehinger Fügespezialisten bei STS in guten Händen - so folgert man aus dem Schluss, den Dipl.-Ing. Örtl zieht: "Durch immer ausgefeiltere Konstruktionen können wir teilweise wesentlich dünnere Bleche und Rohre für unsere Baugruppen verwenden. Wir sind partiell schon beim 4mm-Dünnblech angekommen - eine Stärke, bei der das konventionelle MAG-Verfahren zu viel Wärme einbringt. Die Lösung sehen wir in der vielfach prämierten MAG-Variante EWMcoldArc® (Abb. 10). Diese Innovation zum wärmereduzierten 'kalten? Schweißen stellen wir zurzeit dem herkömmlichen MAG-Prozess gegenüber. Das Projekt wird durch eine Diplomarbeit an der FH Ulm wissenschaftlich untermauert".