Erste Forschungsträger auf der Hannover Messe 2013 zeigten unter anderem bereits die schwebende Lagerung und das berührungslose Bewegen von Objekten. Mit den drei aktuellen Exponaten zu SupraMotion 2.0 - SupraHandling 2.0, SupraShuttle und SupraChanger - hat Festo diese Ideen weiterentwickelt. Sie zeigen die lineare und rotative Bewegung von schwebenden Objekten in alle Richtungen und in allen Raumlagen. In allen drei neuen Applikationen werden elektrische Kühlaggregate mit Kryostaten (Kühlbehälter) verwendet. Die Exponate werden dezentral gesteuert und benötigen keine Regelungstechnik für das Schweben lassen der Objekte. Sie zeigen konkrete Anwendungsmöglichkeiten der Technologie in der Automation mit einem kompletten Lösungspaket von der Steuerungstechnik bis zur Temperaturüberwachung.
Supraleiter: Materialien mit besonderen Eigenschaften
Zu den Supraleitern zählen Metalle, Metallverbindungen oder keramische Materialien mit ganz besonderen Eigenschaften, die sie beim Unterschreiten einer so genannten Sprungtemperatur erhalten: Dann fällt nicht nur ihr elektrischer Widerstand schlagartig auf null ab, der Supraleiter speichert auch das Feld eines Permanentmagneten in einem zuvor festgelegten Abstand. Kühlt man den Supraleiter bis seine Sprungtemperatur herunter und entfernt den Abstandhalter, schwebt der Magnet anschließend stabil über dem Supraleiter und nimmt auch dann wieder exakt die gespeicherte Position ein, wenn er entfernt oder bewegt wurde. Bei den von Festo verwendeten Hochtemperatur-Supraleitern aus keramischem Material liegt die Sprungtemperatur bei circa 93 Kelvin (-180 Grad Celsius).
SupraHandling 2.0: lineare Bewegung in drei Raumlagen
Beim SupraHandling 2.0 bewegt sich ein schwebender Schlitten über zwei 2,5 Meter lange Magnetschienen. Dieser ist mit drei Kryostaten mit Supraleitern versehen. Das komplette System kann bis zu 180 Grad um seine Längsachse gedreht werden, wodurch der Schlitten auch senkrecht oder über Kopf hängend fahren kann. Das SupraHandling 2.0 demonstriert so eine stabile berührungslose Lagerung, die beispielsweise den schwebenden Transport von Objekten in der Produktion ermöglichen könnte.
SupraShuttle: Schweben und Bewegen in alle Richtungen
Mit dem SupraShuttle zeigt Festo die Bewegung eines schwebenden Objektes in alle Raumrichtungen sowie erstmals die Handhabung des Supraleiter-Elements selbst - der Kryostat mit dem supraleitenden Material wird von einem elektrischen Achssystem an ein zweites übergeben. Zusätzlich demonstriert das Exponat, wie schwebende Objekte ganz einfach in hermetisch dichte Räume hinein und innerhalb dieser Räume bewegt werden können. Diese Funktion bietet sich etwa für Anwendungen an, in denen mit Gasen oder einem Vakuum gearbeitet wird.
SupraChanger: Kontrollierte Rotation
Mit dem SupraChanger überträgt erstmals eine Applikation eine Rotationsbewegung kontrolliert und berührungslos auf einen Magneten, der dank Supraleitung schwebt. Das Exponat zeigt diesen Effekt an drei automatisch wechselnden, unterschiedlichen Anwendungen: einer Zentrifuge, einem Mixer und einem schwebenden Rundschalttisch. Ein künftiges Einsatzgebiet dieser Applikationen könnte die Laborautomation sein; dort werden oft nacheinander mehrere Bearbeitungsschritte an einem Objekt durchgeführt.
Elektrische Kühlung der Supraleiter
Alle Supraleiter der neuen Exponate zu SupraMotion werden über elektrische Kompressoren mit einer langen Lebensdauer gekühlt. Die Kühler halten die Temperatur des supraleitenden Materials konstant auf etwa 93 Kelvin (-180 Grad Celsius) bei einem Energiebedarf von ca. 12 Watt pro Kryostat. Dadurch können SupraHandling 2.0, SupraShuttle und SupraChanger energieeffizient und unabhängig von Kühlmedien wie flüssigem Stickstoff betrieben werden.
Vielfältige Anwendungen möglich
Denkbare Anwendungen in der Automatisierungstechnik der Zukunft sind energieeffiziente, stabil schwebende Lagerungen, die ohne aufwendige Mess- oder Regelungstechnik auskommen. Ebenso ist mit Supraleitern ein Bewegen von Gegenständen durch Wände hindurch in abgeschlossenen Räumen und in allen Lagen möglich. Aufgrund der berührungslosen Handhabung gibt es auch überall dort große Einsatzpotenziale, wo Anlagen einfach oder während des laufenden Betriebs gereinigt werden müssen, zum Beispiel in der Laborautomation, Medizintechnik oder Lebensmittelindustrie.