Wer von Dr. Manfred Gößl erwartet, dass er nur eine Lobeshymne auf die bayerische Wirtschaft und den Standort München hält, ist eines Besseren belehrt. Der Hauptgeschäftsführer der bundesweit größten IHK mit rund 390.000 Mitgliedern lässt keinen Zweifel daran, dass trotz der soliden Fundamente des Wirtschaftsstandorts (u.a. mittelständische Unternehmen, duale Ausbildung und Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen) die Zukunft des Standorts kein Selbstläufer ist. Als warnendes Beispiel nennt Gößl Nordrhein-Westfalen, das früher wirtschaftlich weit vor den anderen Bundesländern stand und nun auf Basis des Gewerbeertrags erstmals hinter Bayern zurückgefallen ist.
Der gute Branchenmix in Bayern bietet im Vergleich zu anderen Bundesländern einen Wettbewerbsvorteil. Dabei sehen über 50 Prozent der bayerischen Unternehmen aus allen Branchen den starken Fachkräftemangel als größtes Problem. In unmittelbarem Zusammenhang dazu steht – insbesondere im Großraum München – das Problem hoher Mieten und des nur begrenzt vorhandenen Wohnraums. Der Umbau der Wirtschaft hin zu nachhaltigen und grünen Investments sind weitere große Herausforderungen. Gößl erteilt dabei einer „Staatsintervention“ im Zusammenhang mit den Klimazielen 2030 eine klare Absage. „Die Energiewende funktioniert nur mit der Wirtschaft, nicht gegen sie“, so Gößl wörtlich. Deshalb fordert er eine gesicherte CO2-minimierte Energieversorgung zu langfristig verlässlichen und wettbewerbsfähigen Industriestrompreisen. Zusätzlich sind die Unternehmenssteuern auf einbehaltene Gewinne auf international übliche 25 Prozent zu senken und Finanzierungsmöglichkeiten für Startups gerade in der zweiten Finanzierungsrunde zu verbessern.