Professor Achim Kampker, Direktor des FIR, wandte sich in seinem Eröffnungsvortrag mit einer großen These an das konzentrierte Publikum: „Daten sind ein neuer Rohstoff, der handelbar ist – in der Umsetzung dieser Idee sind uns viele andere Länder bereits voraus.“ Zur Realisierung neuer Services empfahl er die schnelle, schrittweise Umsetzung von Ideen als „Viable Services“. Nach dieser Idee werden zunächst nutzbare Teilfunktionen implementiert, bevor ein Gesamtprodukt geschaffen werde. An dieses Vorgehen und den damit verbundenen kleinschrittigen Nutzen müssten sich allerdings sowohl Anbieter als auch Kunden erst noch gewöhnen, so Kampker.
An einem konkreten Beispiel visualisierte anschließend Dr. Markus Kückelhaus von DHL International, wie die Umsetzung von Trends erfolgen kann. DHL betrachte dazu nicht nur globale Megatrends, sondern auch Mikrotrends, insbesondere Startups, um Innovationspotenziale nachvollziehen zu können. Auf dieser Basis veröffentliche DHL regelmäßig Trend-Reports und setze diese in Pilotprojekten exemplarisch um. Eines der letzten Projekte war ein Datenbrillenprojekt in einem Kommissionierungslager. „Dabei ergaben sich nicht nur 20 Prozent Zeiteinsparung, sondern auch die Mitarbeiter hatten deutlich mehr Spaß bei der Arbeit“, so Kückelhaus.
Peter Barkowsky, Geschäftsführer der Symmedia GmbH, präsentierte seine Erfahrungen mit dem automatisierten Datenaustausch zwischen Maschinenherstellern und Betreibern. Seiner Ansicht nach haben Unternehmen bisher kein Interesse daran, ihre Informationen für Clouddienste zur Verfügung zu stellen. Selbst der direkte Austausch von Informationen sollte für beide Parteien nicht vollautomatisiert, sondern nur nach Freigabe, z. B. durch den jeweiligen Betriebsleiter, erfolgen. Dieses Vorgehen erzeuge eine deutlich höhere Akzeptanz im Instandhaltungs- und Wartungsgeschäft.
Christan Baumgärtel von salesforce.com und Mario Lenz von Empolis beschrieben, dass die in Deutschland allgegenwärtige „Servicewüste“ nicht etwa durch mangelnde Qualifikation von Mitarbeitern entstehe, sondern vielmehr durch organisatorische Vorgaben, wie undurchlässige Prozesse im Service. Sie plädierten dafür, die erforderliche Durchlässigkeit mithilfe geeigneter Software zu erzeugen.
Lumir Bourneanu, Geschäftsführer und CTO von eurodata tec, verdeutlichte in seinem Vortrag, warum heutige Anbieter von smarten Services so erfolgreich sind: weil Daten nicht die typische Eigenschaft einer Ressource aufweisen, nämlich Verknappung bei Verwendung. Wichtige Einflussfaktoren für den Erfolg von smarten Services seien vielmehr die Reichweite einer Technologie, der Wert der Daten sowie die technologische Plattform, die für eine erfolgreiche Funktion insbesondere kurze Latenzzeiten aufweisen müsse.
Peter Döppler von der Wittenstein AG machte darauf aufmerksam, dass für den erfolgreichen Einsatz neuer Technologien insbesondere die Mitarbeiter befähigt werden müssten, diese auch einzusetzen. An dieser Stelle stünden etablierte Prozesse dem Innovationsdrang in Unternehmen entgegen, weshalb etablierte Strukturen aufgebrochen werden sollten.
Andreas Weber von Evonik zeigte, wie sich Dienstleister in die neu entstehenden Informationsströme zwischen Herstellern von Anlagen, deren Betreiber und deren eigene Instandhaltungsabteilungen einordnen können. Dabei thematisierte er als Herausforderungen insbesondere die Datenkompatibilität.
Am zweiten Tag der Veranstaltung erläuterten zunächst Michael Steinbauer und Detlef Krampe von Siemens, warum der digitale Wandel in der Industrie deutlich langsamer Einzug hält als in Medien und Handel: Während ein Smartphone nur sechs Sensoren habe, deren Eingabe es verarbeiten müsse, gebe es in einem herkömmlichen Motor rund 2.000 Datenpunkte, die auswertbar seien. Deshalb sei das Geschäft im digitalen Service bei Siemens zwar längst noch nicht so umsatzträchtig wie der klassische Service, weise aber mit rund 15 Prozent gegenüber 3 Prozent ein deutlich größeres Wachstum auf.
Christian Gill von der SKF Group verdeutlichte anschließend am realen Beispiel der eigenen Produktion, worauf es bei der Digitalisierung ankommt: Ohne Standardisierung habe Digitalisierung keinen Sinn. Auch die Datenkorrektheit spiele eine wesentliche Rolle. Nur auf dieser Basis könnten Systeme entwickelt werden, die Fertigungsmitarbeiter direkt befähigten, effizienter zu arbeiten.
Eine vorrangig technisch orientierte Facette zukünftiger Servicemöglichkeiten präsentierte Professor Reinhart Poprawe vom Fraunhofer Institut für Lasertechnik. Er demonstrierte eindrucksvoll – auch anhand realer Bauteile – wie zukünftig mit additiven Fertigungsmethoden („3-D-Druck“) die Erstellung von Bauteilen vereinfacht und beschleunigt werden kann. Dabei stelle das Thema der Effizienzsteigerung für die Forscher gerade die größte Herausforderung dar.
Einen letzten Blickwinkel lieferte abschließend Constanze Kurz. Als IG-Metall-Vertreterin warf sie einen Blick auf die „Zukunft der Arbeit 4.0“. Sie warnte einerseits vor aktuell medial verbreiteten Schreckensszenarien für Arbeitnehmer, plädierte andererseits aber auch für eine neuartige Mitarbeiterqualifikation und für die Berücksichtigung der digitalen Revolution und deren Auswirkungen in den Betriebsverfassungsgesetzen.
Abschließend resümierte Philipp Jussen, Leiter des FIR-Bereichs Dienstleistungsmanagement, die erfolgreiche Veranstaltung: „Wir konnten in den vergangenen eineinhalb Tagen wieder unserem Anspruch gerecht werden: dem Brückenschlag zwischen Industrie und Forschung. Einerseits haben wir neueste Technologien und deren Anwendungsmöglichkeiten demonstriert, andererseits auch der Praxis eine Bühne gegeben, um reale Entwicklungen und Herausforderungen zu präsentieren.“
Ergänzt wurde das umfangreiche Angebot an Fachvorträgen auf dem Aachener Dienstleistungsforum durch die angeschlossene Fachmesse, auf der diverse Anbieter unterschiedlicher Lösungen sich dem Publikum präsentierten. Das nächste Dienstleistungsforum findet am 08. und 09. März 2017 statt.
Weitere Informationen zum Aachener Dienstleistungsforum sind im Internet abrufbar: www.dienstleistungsforum.de