Zum Auftakt der Veranstaltung erläuterte FIR-Institutsleiter Professor Dr. Volker Stich die verschiedenen Handlungsfelder der Digitalisierung und blieb dabei im Bild der Seefahrer. Um das Unternehmensschiff auf Kurs zu halten, müssen gleichermaßen die Technologie, die Organisationsstruktur und die Kultur berücksichtigt werden.
Technologien sind im Rahmen der Digitalisierung die Grundlage der Wertschöpfung. Das bedeutet allerdings nicht, digitale Technologien über alle Prozesse zu stülpen. „Auf die richtige Mischung kommt es an“ brachte es Antje Williams von der Deutschen Telekom AG in ihrem Impulsvortrag „5G & 5G-Campusnetze“ auf den Punkt. „Nicht alles, was möglich ist, ist auch sinnvoll“. Die Anwendung digitaler Technologien muss nutzenabhängig erfolgen. Grundsätzlich ist es essenziell, zunächst den Digital Value für das eigene Unternehmen zu erkennen und dann mit einem geeigneten Technologie-Portfolio konsequent umzusetzen.
Der Identifizierung des digitalen Nutzens war eines der Kernthemen der CDO – Convention on Digital Opportunities. Einig waren sich die Referenten darin, dass der digitale Nutzen nur dann erkannt und umgesetzt werden kann, wenn in den Unternehmen eine hohe Bereitschaft zum Eingehen von Wagnissen besteht. Dr. Thorben Keller, Airbus Defence und Space GmbH, verdeutlichte dies eindrücklich in seinem Vortrag „Building Digital Ventures at Airbus“. Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation sind Raum für neue Ideen und ebenso die Erkenntnis, das Scheitern von Projekten als Lernerfahrung zu betrachten. Wichtig sei, das Wagnis in kalkulierbarem Rahmen zu halten. Klare Entscheidungskriterien für die Überführung einer Idee in ein Projekt sind notwendig, um die Digitalisierungsbestrebungen auf die zur Unternehmensstrategie passenden Projekte einzugrenzen. Um den Digital Value für das eigene Unternehmen zu nutzen, gilt es vorab die Frage zu beantworten, wie weit man gehen möchte. Der Weg reicht von der Optimierung von Prozessen über die Erschließung neuer Märkte bis hin zur Disruption, also der kompletten Zerstörung bisheriger Geschäftsmodelle.
„Fail Fast – Pay Cheap“, die sogenannte Speed of Execution, ist, wie Dr. Michael Eder von der Voestalpine High Performance Metals GmbH in seinem Impulsvortrag zur Digital Journey der Voestalpine High Performance Metals Division sehr anschaulich erläuterte, eines dieser Entscheidungskriterien, auf die es bei der prototypischen Umsetzung von Ideen ankommt. Neue Projekte sollten innerhalb kurzer Zeit Umsätze erzielen. Mit Laufzeiten von maximal zwei Jahren lassen sich sehr viele Ideen sehr schnell und mit vertretbarem Aufwand auf ihre Umsetzbarkeit hin testen. Misserfolge und Verluste sind dabei erlaubt, das finanzielle Risiko wird geringgehalten, der Nutzen für die Identifizierung und Umsetzung des Digital Value ist hoch.
Die digitale Transformation bringt insbesondere für die Mitarbeiter häufig einschneidende Veränderungen mit sich. Die Integration und Motivation aller Mitarbeiter ist deshalb von elementarer Bedeutung für den Erfolg von Digitalisierungsbestrebungen. Es geht um das Management der Technologie und hier vor allem um die Menschen, nicht um die Technologie selbst. Prof. Dr. Walter Brenner, Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen sprach in diesem Zusammenhang in seinem Vortrag „Management von Artificial Intelligence“ von der soziotechnischen Komponente der Digitalisierung. Dr. Michael Eder ging sogar so weit, den kulturellen Wandel über den technologischen und strategischen Wandel zu stellen: „Above all it´s a cultural change“.
Der Erfolg der digitalen Transformation ist in allen Bereichen und in jedem Stadium entscheidend geprägt von der Begeisterung aller Beteiligten. Dieser Aspekt der Digitalisierung zog sich wie ein roter Faden durch alle Beiträge zu unterschiedlichsten Themenbereichen. Egal, ob es um die Digitalisierung in Produktion und Service, den Einsatz neuer Technologien wie 5G, Artificial Intelligence und Blockchain ging oder um videobasierte Prozessoptimierung:
Es sind die Menschen, die die Ideen bringen. Sie müssen motiviert sein, den digitalen Wandel voranzutreiben. Eine hohe Involvierung und Verständnis für die Chancen und den Nutzen neuer Ideen sind Bedingungen für die Bereitschaft, aktiv an der Umsetzung der digitalen Transformation mitzuarbeiten. Gelingen kann dies mit Storytelling, also den richtigen Geschichten zur Verdeutlichung des Nutzens sowie mit Meinungsführern und „Überzeugungstätern“, die ihre Kollegen mitziehen und begeistern.
Somit lautete der Tenor der CDO Aachen 2019, dass die Digitalisierung viel mehr umfasst als reine Technologie. Es gilt, die Gewässer mit allen Tiefen und bei jedem Wetter zu durchschiffen, um den „Schatz“ der Digitalisierung heben zu können. „Die CDO Aachen hat den Teilnehmern in Vorträgen, praxisnahen Workshops und einem Forum zum gegenseitigen Austausch eine Schatzkarte an die Hand gegeben, die ihnen mit zahlreichen Anregungen, Ideen und Handlungsempfehlungen den Weg zur Erkennung, Gestaltung und Umsetzung des Digital Value weist,“ fasst Dr. Violett Zeller, Bereichsleiterin Informationsmanagement am FIR, zusammen und erhält von einem Teilnehmer das schöne Kompliment: „Man konnte aus jedem Vortrag etwas mitnehmen.“
Nach der CDO Aachen 2019 stehen die Termine für die nächsten Großveranstaltungen des FIR bereits fest. Den Anfang macht das Aachener Dienstleistungsforum am 11. und 12.03.2020 mit dem Fokusthema: „Subscription – Vom Service-Level-Agreement zum Abo-Modell“. Vormerken sollte man sich auch schon die 26. Aachener ERP-Tage vom 17. bis 18. Juni 2020 sowie die nächste CDO Aachen vom 12. bis 13. November 2020.
Weitere Informationen: cdo-aachen.de