Zum Auftakt: Wirtschaftliche und technische Grundlagen
Zu Beginn gab Frank Dieckhoff (bvdm) einen Überblick über die vielfältigen Geschäftsfelder im Digitaldruck und merkte an, dass der Digitaldruck viel mehr als eine "Alternative zum Offsetdruck" sei. Er betonte, wie schwierig es sei, eine eindeutige Klassifizierung sowohl von Anwendungsgebieten als auch von Drucksystemen im Digitaldruck vorzunehmen. Herr Dieckhoff machte deutlich, dass er eine Einteilung nach kleinformatigem und großformatigem Digitaldruck (LFP) einer Einteilung nach Technologie, Produkt oder Bedruckstoff vorziehe.
Anschließend referierte Dr. Uwe Bertholdt (Fogra) über die Grundlagen der Bildqualitätsbewertung. Er zeigte, dass er unter Offsetqualität eine sinnvolle Kombination von verschiedenen (möglichst messbaren) Einzelkriterien verstehe, die um offsettypischen Zusatznutzen und Produktivitätsaspekte ergänzt werden müsse. Er stellte dar, welche objektiven (messbaren) Qualitätskriterien eingesetzt werden sollen und wie gut sie mit der visuellen Wahrnehmung übereinstimmen. Es gibt allerdings noch unverstandene Aspekte und Herausforderungen, insbesondere in der objektiven Bewertung der Ungleichförmigkeit.
Drucktechnische Bewertung und Datenaufbereitung
Im dritten Vortrag berichtete Jürgen Gemeinhardt (Fogra) von praktischen Versuchen und Gutachten zur Bewertung tonerbasierter Digitaldrucksysteme. Anhand vieler technischer Qualitätskriterien verglich er den Digitaldruck mit dem Offsetdruck und zeigte jeweilige Stärken und Schwächen auf.
Anschießend berichtete Claas Bickeböller (Fogra) von den Herausforderungen bei der Datenaufbereitung in hybriden Workflows. Ausgehend von der aktuellen Arbeitsweise gemäß MedienStandard Druck und PSO erläuterte Herr Bickeböller die Bedeutung eines konstanten Druckprozesses sowie der Kenntnisse der jeweiligen drucktechnischen Eigenschaften (z. B. wiedergebbarer Tonwertumfang). Er verglich die sich ändernden Arbeitsweisen mit einem Wechsel von "Qualität 1.0" zu "Qualität 2.0". "Qualität 1.0" bedeutet das Herausholen des jeweils Möglichen, wie beispielsweise höheren Kontrast. Hiermit geht einher, dass Druckprodukte, individuell betrachtet, schön und anmutungsmaximierend erscheinen. Ein Nachdruck bzw. ein Druck an einem anderen Ort führt mitunter zu einer sehr unterschiedlichen Farbanmutung, wohlgemerkt auf Basis der gleichen Daten. "Qualität 2.0" bedeutet demgegenüber das Erreichen einer vorher definierten Qualität (z. B. eines farbverbindlichen Prüfdrucks) - zu jeder Zeit und an verschiedenen Orten.
Der Bedruckstoff bestimmt den Druckausfall - auch im Digitaldruck
Im letzten Vortrag des Vormittags berichtete Silke Maaßen (EFI) über die Grundlagen "digitaler" Bedruckstoffe. Nach einer umfassenden Bestandsaufnahme über den Aufbau von Bedruckstoffen und Farbmitteln erläuterte sie die Notwendigkeit, zum jeweiligen Anwendungsfall den jeweils optimalen Bedruckstoff auszuwählen.
Den Auftakt zum zweiten Themenblock am Nachmittag machte Heiner Müller (CGS) mit einem praxisorientierten Vortrag über die Möglichkeiten der Kalibrierung und Profilierung von Digitaldrucksystemen unter Berücksichtigung der jeweils vorhandenen (Inline-)Messtechnik. Er stellte heraus, dass der Druck möglichst genau, wiederholbar und kontrollierbar sein müsse, und definierte Qualität in diesem Sinne als das Erreichen und Einhalten von Standards.
Mehrwerte durch den Digitaldruck - Umsetzungsbeispiele aus der Praxis
Wolfgang Huber (Color-Gruppe) berichtete in einem durch Praxisbeispiele angereicherten Vortrag über Erfahrungen und Ergebnisse, die mit der Einführung des tonerbasierten Digitaldrucks (Xeikon) gesammelt werden konnten. Er erläuterte, dass die Entscheidung, einen Auftrag im Digital- oder Offsetdruck zu drucken, stets eine Abwägung zwischen (verkaufbarer) Qualität, der notwendigen Farbmanagement-Maßnahmen und der Herstellungskosten sei. Dies erläuterte er an vier Praxisbeispielen und schlussfolgerte, dass der Digitaldruck (Inkjet und Toner) im kleinauflagigen A3-Bereich (bis ca. 400 Bogen) den Offsetdruck verdrängen werde. Dazu führte er konkrete Kostenvergleiche an. Herr Huber berichtete weiter, wie wichtig es ist, flexible und ausgebildete Mitarbeiter zu haben ("Colour Management muss gelebt werden") und beendete seinen Vortrag mit dem Fazit, dass die Diskussion über den Digitaldruck um Mehrwerte und nicht über den Ersatz des Offsetdrucks geführt werden solle.
Im Anschluss daran berichtete Alexander Haßinger (odd) über seine Erfahrungen im Digitaldruck am Beispiel der HP Indigo. Er nannte die frühen Erfahrungen pointiert "Abenteuer Digitaldruck" und korrelierte die jeweiligen Verbesserungen der Maschinengenerationen mit dem stetig abnehmenden (ungeplanten) Technikereinsatz. Herr Haßinger berichtete, angereichert durch interessante Ausflüge in spezifische Praxisbeispiele, über die Unterschiede in der Prozesskontrolle zwischen Offset- und Digitaldruck. Ferner erläuterte er, warum der gelernte Offsetdrucker (im Gegensatz zum Vorstufenmitarbeiter) nach seiner Einschätzung der "bessere Digitaldrucker" sei.
Podiumsdiskussion Geschäftsfelder im Digital- und Offsetdruck: Friedliche Koexistenz oder harte Konkurrenz?
Im Anschluss an die Vorträge verfolgten die Teilnehmer mit Interesse die Podiumsdiskussion. Hierzu begrüßten Jürgen Gemeinhardt (Fogra) und Andreas Kraushaar (Fogra) neben den Referenten Heiner Müller (CGS), Wolfgang Huber (Color-Gruppe) und Andreas Haßinger (odd) noch Dr. Gerd Dussler (CeWe). Er ergänzte die Runde als "reiner Digitaldrucker" (ohne etablierten Offsetbetrieb) in idealer Weise.
Zu Beginn diskutierten die Teilnehmer über die Mehrwerte des Digitaldrucks aus der jeweiligen Sicht. Hierbei kam der vielfältige Charakter des Digitaldrucks, von der "Auflage 1" im Fotobuch bis zum variablen Labeldruck auf Chromolux, zum Ausdruck. Im Anschluss daran berichteten die Teilnehmer über ihre Erfahrungen, die mit der Einrichtung bzw. Anpassung des Workflowsystems für den Digitaldruck einhergingen. Diese reichten von der Etablierung eines eigenen Workflows (Color-Gruppe) bis hin zum einfach "Zuschalten" einer weiteren Ausgabeeinheit (odd). Auf die Frage, welche Bedeutung die Qualität für die Kunden habe, gab es ebenfalls ein breites Spektrum an Antworten. Die Spannweite reichte von "Der Kunde sieht keinen Unterschied" bis hin zu "Die Weiterverarbeitbarkeit von Digitaldrucken stellt teilweise noch große Probleme dar". Hierbei wurde stets deutlich, dass in den meisten Fällen der typische Offsetfarbumfang (FOGRA39) die Referenz für den Digitaldruck darstellt.
Während alle Teilnehmer eine Prozessnorm für den Digitaldruck ("ProzessStandard Digitaldruck") einhellig begrüßen würden, fiel es ihnen schwer, konkrete Erwartungen zu dieser Norm zu äußern. Sie bekräftigten indessen ihr Vertrauen auf die Fogra, hier als Vorreiter zu agieren.
Zusammenfassung
Herr Kraushaar beendete das Tagessymposium mit einem Ausblick auf eine mögliche Digitaldrucknorm mit dem provokanten Vortragstitel "ISO 12647-2 für den Digitaldruck". Er betonte, dass der neu gegründete Fogra-Arbeitskreis Digitaldruck eine ideale Plattform sei, die Interessen der grafischen Industrie nach der Standardisierung typischer Anwendungsfelder im Digitaldruck bestmöglich zu vertreten. "Eine aktive Mitarbeit ist hierzu allerdings eine unerlässliche Voraussetzung", so Andreas Kraushaar. Die bisherigen Konformitätstests bzw. PSO-Zertifizierungen von Digitaldruckmaschinen seien nicht angemessen. Sie verursachen unnötige Konfusion im Markt und stören das Vertrauen in einen etablierten Standard (PSO). Die Fogra konzentriert sich vermehrt darauf, objektive Kriterien für Produktionssysteme zu etablieren, um in Zukunft die auf Einzelkopien ausgerichteten Prüfungen (z. B. Validation Printing) um angemessene und abgestimmte Prüfkriterien für Produktionssysteme zu ergänzen.