Die Grüne Woche in Berlin zeigt, dass die Landwirtschaft in Deutschland vor großen Herausforderungen steht. Sie muss die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen und gleichzeitig dem Wunsch der Menschen nach einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Wirtschaftsweise und bezahlbaren Lebensmitteln gerecht werden.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özedmir sieht darin keinen Widerspruch. "Wir sehen ja bei vielen Bäuerinnen und Bauern, die sich längst auf den Weg gemacht haben, dass sie versuchen, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, übrigens unter Einsatz von Hightech, also Digitalisierung und Künstliche Intelligenz." Der Bundesminister besucht den Erlebnisbauernhof in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal, um sich mit Fachleuten und Landwirtinnen und Landwirten über die kritischen Themen zwischen Tierwohl und Artenvielfalt, Klimaschutz und Kostensteigerungen auszutauschen. Auch die Landfrauen und die Landjugend finden Gehör.
Es sei, so der Minister im Interview mit dem Forum Moderne Landwirtschaft, schon eine Menge erreicht worden. "Wofür ich jetzt sorge, ist, dass es endlich eine verlässliche Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung gibt. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen, dass Tiere mehr Platz bekommen, dann muss es dafür mehr Geld geben," versichert der Minister, "dafür habe ich jetzt 1 Mrd. Euro als Anfangsfinanzierung locker gemacht."
Wenn es um Budgetverteilung in der Landwirtschaft geht, ist der Blick auf das Bundesfinanzministerium nicht weit. "Der Agri- und Food-Bereich wird nach meiner Überzeugung vollkommen unterschätzt," so Bundesfinanzminister Christian Lindner im exklusiven Gespräch mit dem Forum Moderne Landwirtschaft, und wies auf die 10 Milliarden Euro aus europäischen Aufbaufonds hin, die mit einem großem Teil für StartUps im Bereich Agri- und Food eingesetzt werden sollen. Dort sehe er ein enormes Potential für Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft oder bei Lösungen für veränderte Wünsche der Kundinnen und Kunden nach gesunder Ernährung.
Christian Lindner hielt sich dabei letztlich mit Versprechungen zurück, wie der erforderliche Strukturwandel in der Landwirtschaft zu finanzieren sei. "Die Politik kann nicht alles mit öffentlichem Geld kompensieren," so der Bundesfinanzminister, "was wir bieten können, sind gute Rahmenbedingungen. die auch mehr Vertrauen den Menschen entgegen bringen, die von der Landwirtschaft leben." Einen kleinen Seitenhieb an seinen Kabinettskollegen aus der Landwirtschaft konnte sich Lindner dann doch nicht verkneifen: "Es ist nicht immer so, dass das beste Wissen über das, was für Natur und Tiere gut ist, in Ministerien gespeichert ist, sondern oft bei denen, die seit Generationen von ihrem Grund leben." Lindner weiter: "Wir haben einen Strukturwandel in der Landwirtschaft, aber es darf nicht ohne Not dazu kommen, dass Existenzen, die es über Generationen gibt, gefährdet werden."
Weitere Ministerinnen und -minister, Mitglieder des Bundestages sowie etliche Landespolitikerinnen und -politiker schauen sich in den nächsten Tagen auf der Grünen Woche um, um sich über Landwirtschaft, Ernährung und Naturschutz zu informieren.