Im LOEWE-Zentrum AdRIA (Adaptronik – Research, Innovation, Application), angesiedelt am Fraunhofer LBF, wurden verschiedene Möglichkeiten untersucht, um Lärmschutzfenster mit aktiven Methoden zu verbessern. Als Herausforderung zeigte sich stets die Aktorik, denn bisher mussten Piezoaktoren im Sichtfeld auf der Scheibe angebracht werden, um dort die Scheibenschwingungen und somit den Schalldurchgang zu mindern. Die neuartigen, am Fraunhofer LBF entwickelten schlanken Lautsprecher auf Basis elektroaktiver Polymere (EAP) können dagegen im Fensterrahmen eingebaut werden. Vorteil: Es macht den Aufbau kompakt und schränkt die Sicht nicht ein. Damit lässt sich der Schalldruck zwischen den Scheiben aktiv regeln und die Übertragung reduzieren.
Große konstruktive Freiheiten mit neuem Designansatz
EAP-Stapelaktoren bestehen aus einer Vielzahl abwechselnd angeordneter Elastomer- und Elektrodenschichten, über die ein hohes elektrisches Feld aufgeprägt wird. In dem neu entwickelten Designansatz sind die Elektroden metallisch ausgeführt und mit mikroskopisch feinen Löchern versehen. Dies erlaubt dem nicht komprimierbaren Elastomer, sich örtlich im Betrieb zu deformieren. Sowohl Elastomer- als auch Elektrodenschichten können nahezu beliebig geformt sein, was große konstruktive Freiheiten eröffnet.
Für den Prototyp des aktiven Spacers für ein Doppelglasfenster wurden entsprechend schmale Elektroden- und Elastomerschichten gefertigt und in einem Gehäuse, dessen Abmessungen denen eines konventionellen Spacers entsprechen, übereinander gestapelt. Der Lautsprecher selbst ist also vollständig in den Spacer integriert. Das Gehäuse übernimmt die lasttragende Aufgabe des Originalbauteils. Über Löcher im Deckel wird der Schall in den Innenraum des Doppelglasfensters abgestrahlt.
Bereits mit einem nur 20 Zentimeter langen Lautsprecher, das entspricht rund sieben Prozent des Fensterrahmens, ließ sich bei geringer Lautstärke im Labor eine Reduktion der abgestrahlten Schalleistung von 3,3 Dezibel im Summenpegel bis 500 Hertz erreichen. Eine Vergrößerung der aktiven Fläche verspricht weiteres Potential. Deshalb baute das Fraunhofer LBF zusammen mit dem Glaszentrum Darmstadt einen ersten seriennahen Prototyp auf. Das Team integrierte vier EAP-Spacer mitsamt den benötigten Mikrofonen im Inneren des Scheibenmoduls und prüfte das akustische Verbesserungspotential am realen Fenster messtechnisch.
Der gemessene Pegelunterschied des mittleren Summenpegels des Schalldrucks betrug im inneren des Fensters 16,8 Dezibel (Graphik 1). Dies verdeutlicht das Potential des EAP-Lautsprechers. Das resultierende Spektrum der Geschwindigkeit der schallabstrahlenden Scheiben zeigt Graphik 2. Die berechnete Reduktion des Summenpegels der Schallleitung bis 500 Hertz beträgt rund 3 Dezibel. Eine weitere Verbesserung durch Verwendung mehrerer Mikrofone im Zwischenraum ist zu erwarten.
Die Anwendung im aktiven Fenster verdeutlicht zum einen den steigenden Technologiereifegrad der elektroaktiver Polymere für dynamische Anwendungen, zum anderen deren flexible Einsatzmöglichkeit in zukünftigen Produkten.