Der klassische Maschinenbau erfährt mit der Digitalisierung in rasanter Geschwindigkeit spannende, völlig neue Perspektiven und Produktlösungen. Damit werden Produkte in ihren Funktionen und ihrer Ausgestaltung immer komplexer. »Bei all dieser Komplexität bleibt es für den Nutzer selbstverständlich, dass die neuen Produkte zuverlässig und sicher funktionieren. Dafür steht das Fraunhofer LBF mit seiner Zuverlässigkeitsforschung«, so Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft in seinem Grußwort. Darüber hinaus verlangen zukünftige Produktanforderungen an Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit moderne Leichtbaulösungen, bei denen die Entwickler immer stärker an die Grenzen des heute Machbaren gehen. Auch hier ist selbstverständlich: Die Produkte müssen leicht und sicher sein.
Die Zukunft der Produktentwicklung – Am Ende ist alles virtuell?
Die Digitalisierung als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft durchdringt seit langem auch Forschungs- und Entwicklungsprozesse. Simulation, digitale Abbilder mechanischer Systeme, Hardware-in-the-Loop, die Grenzen zwischen physischer und virtueller Realität verschwimmen zunehmend. Neue Produkte, zum Beispiel im Maschinenbau und in der Mobilität, werden in immer kürzeren Zyklen entwickelt, müssen aber gleichzeitig zunehmende Ansprüche an Produktindividualisierung bei immer hohen Zuverlässigkeitsanforderungen erfüllen. Teilnehmer des LBF-Zukunftsworkshops diskutierten über die Generierung, über die Chancen und die Grenzen so genannter »Digitaler Zwillinge« im Prozess der Produktentwicklung.
Zukunftsworkshop »Intelligente Bauteile« – Die Zukunft der Wartung
Digitalisierung und Industrie 4.0 führen auch im Bereich des zuverlässigen Betriebs von Geräten und Anlagen zu einem Paradigmenwechsel: Führte man gestern Wartungs- und Instandhaltungsintervalle noch nach bestem Erfahrungswissen und in definierten Zeitabständen durch beziehungsweise re-agierte man auf Ausfall oder Störung einer Maschine, so ermöglichen Ansätze der vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance) durch eine kontinuierliche, betriebsbegleitende Zustandserfassung und algorithmische Dateninterpretation zunehmend, mögliche Defekte zu prognostizieren, bevor sie tatsächlich auftreten. Erforderlich ist dafür umfassendes Wissen um Schadensursachen und Schadenverlauf – ein Wissen, dass das LBF seit 80 Jahren Leichtbauforschung fortschreibt. Anwendungsfälle finden sich in der Verkehrstechnik, in Produktionsmaschinen oder in der Energieversorgung.
Vor diesem Hintergrund werden einzelne Bauteile zunehmend mit Sensoren, Informationstechnik und teils auch Aktoren ausgestattet, die in ihrer Gesamtheit Zustandsdaten über sich selbst und auch das umgebende System liefern und mittels Aktorik den aktuellen Zustand günstig beeinflussen können. Trotz der großen Chancen von Predictive Maintenance sind noch technische Fragestellungen ungeklärt beziehungsweise bergen unterschiedliche Anwendungen individuelle Anforderungen. Welche nutzbaren Daten liegen vor, welche werden noch benötigt? Wie können einzelne Sensordaten zu einem aussagekräftigen Gesamtbild zusammengeführt werden? Welche Implikationen ergeben sich aus »Warnmeldungen«? Entsprechende Diskussionen zwischen Gästen und LBF-Wissenschaftlern wurden durch Präsentation von Exponaten aus der Zuverlässigkeitsforschung untermauert.
Hinter den Kulissen im »OpenLab«
Im »OpenLab« konnten die Gäste Einblicke in die »Digitalisierung in Zuverlässigkeits- und Leichtbauforschung« erhalten und FuE-Arbeiten des LBF unter die Lupe nehmen, die einen Beitrag zu zukunftsrelevanten Themen wie »experimentell-virtuelle Zuverlässigkeitssimulation«, »smarte, adaptive Systeme«, »nachhaltigen Leichtbau« oder »Kunststoff-Recycling« leisten. Highlights waren Live-Demonstrationen, die anschaulich zeigten, wie sich zum Beispiel Recycling und Upcycling von Kunststoffen lohnen kann oder wie unterschiedlich innovative Fassadenwerkstoffe, teils aus Biomaterialien, auf Hitzeentwicklung reagieren.
An einer in ihrer Art in Deutschland einmaligen multiphysikalischen Versuchseinrichtung auf Basis eines multiaxialen Schwingtisches (MAST) für Strukturkomponenten und Batteriesysteme wurde die Gelegenheit geboten, Prüfungen an Elektrofahrzeugen real mitzuerleben. Andere Exponate zeigten unter anderem umgesetzte hybride Leichtbauteile, die mit externen Partnern vernetzte Fahrsimulation eines Elektrofahrzeugs sowie Groß- und Kleinprüfstände der Zuverlässigkeitsforschung.