Arbeitet man über längere Zeit mit einer Bohrmaschine oder anderen elektrischen Handgeräten, ist man schnell froh, den Armen eine kleine Erholungspause zu gönnen. Denn die Geräte vibrieren stark und sie sind sehr laut. Künftig sind Handwerker weitaus geringeren Vibrationen ausgesetzt, wenn sie bohren, sägen oder schleifen. Denn Forscher des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt haben gemeinsam mit ihren Kollegen der C. & E. Fein GmbH eine Technologie vorangetrieben, die solche Schwingungen stark reduziert. »Wir untersuchten das System grundsätzlich und entwickelten es weiter, so dass es sich auf verschiedene elektrische Handgeräte übertragen lässt«, erläutert Heiko Atzrodt, Gruppenleiter am LBF. Und eben dies hat die Firma FEIN getan: Sie passte die Entwicklung an ein oszillierendes Elektrowerkzeug an - also an eine Maschine, deren Werkzeug sich nicht dreht, sondern in einem kleinen Winkel fast 19.500-mal in der Minute hin- und herschwingt. Ein solches Gerät kann nicht nur sägen und schleifen, sondern ebenso raspeln, polieren, schaben, schneiden, trennen, schärfen oder feilen - auch an sonst unzugänglichen Stellen.
Gehäuse vom Motor entkoppeln
Doch wie haben die Wissenschaftler es geschafft, die Schwingungen von elektrischen Handgeräten derart stark zu isolieren? »Elastomerelemente entkoppeln das Gehäuse vom Motor, sie wirken dabei wie mechanische Federn und Dämpfer«, sagt Atzrodt. Die Schwingungen übertragen sich somit nur minimal auf das Gehäuse und den Anwender. Dabei gilt es jedoch zu beachten: Isolieren die Forscher das Gehäuse zu stark, spürt der Nutzer nicht mehr, wie fest er das Werkzeug auf das Material drückt. Die Wissenschaftler mussten daher einen Mittelweg finden zwischen Vibrationsminderung und dem Gefühl des Anwenders für das Werkzeug. Einstellen lässt sich dies über die Steifigkeiten der Elastomerelemente. Eine Simulation half den Forschern dabei, zunächst einmal den optimalen Steifigkeitsbereich zu ermitteln. Anschließend integrierten sie verschiedene Federn und Dämpfer in das Testsystem und erarbeiteten so grundlegende Entwicklungsrichtlinien.
Bis zu 70 Prozent weniger Vibrationen, 50 Prozent weniger Lärm
»Mit dem Anti-Vibrationssystem konnte die Firma FEIN die Schwingungen im Vergleich zum Vorgängermodell um bis zu 70 Prozent reduzieren«, konkretisiert Atzrodt. »Der Oszillierer erreicht bei fast allen Anwendungen die Vibrationsklasse null.« Das heißt: Handwerker oder Mitarbeiter der Automobilindustrie können nun auch ganze Arbeitstage lang mit dem Gerät arbeiten - ein Dauerbetrieb von acht Stunden am Tag ist zulässig. Und auch ihre Ohren werden dabei geschont: Der Schalldruck des Werkzeugs sank durch die Dämpfung um zirka 50 Prozent.
Mittlerweile ist der vibrationsarme Oszillierer unter dem Namen FEIN MultiMaster FMM 350 Q auf dem Markt. Auf der Hannover Messe werden die LBF-Forscher einen bisherigen sowie den neuartigen Oszillierer parallel betreiben. So können Besucher selbst den Unterschied vergleichen.