Mit ihren Batterien legen Elektrofahrzeuge deutlich an Gewicht zu, was die Hersteller vor enorme Herausforderungen stellt. Leichtbau spielt daher als Lösung eine zunehmend größere Rolle. Karosserie- und Fahrwerksbauteile, die früher aus Metallwerkstoffen hergestellt wurden, werden immer häufiger durch unverstärkte und faserverstärkte Kunststoffteile ersetzt. Ziel des Projektes „epsilon“ am Fraunhofer LBF war es daher, eine umfangreiche Studie über das Leichtbaupotenzial von Vorder- und Hinterachsen anzulegen. Die Aufgabe löste das Institut mithilfe der Verbundbauweise und des Einsatzes faserverstärkter Kunststoffe. Zum Projekt gehörten alle Stufen der Entwicklung, von der Definition von Anforderungen über das Design, numerische Berechnungen und Prototypenfertigung bis zur Prüfung.
Innovative Lösungen sparen 37 Prozent Gewicht ein
Im Laufe des Projekts berechneten die LBF-Forscher die Hinterachse mit der Finite Elemente-Methode in mehreren Schritten. Ergebnis war ein Entwurf, der aus zwei metallischen Seitenteilen und einem Mittelteil aus Faser-Kunststoff Verbund besteht. Diese Hybridbauweise vereinfacht die Gestaltung der Anbindungsstellen an die Fahrzeugstruktur. Zudem können Temperatureinflüsse und lokale Beanspruchungen besser berücksichtigt werden. Der Aufwand hat sich gelohnt: Die LBF-Wissenschaftler konnten das Gesamtgewicht der Hinterachse durch das FKV-Mittelteil um rund 37 Prozent reduzieren.
Mehrere innovative Lösungen kennzeichnen die neu entwickelte hybride Leichtbauhinterachse. So nutzten die Wissenschaftler als Verbindungselement zwischen Metall- und Faserverbundbauteil die sogenannte T-Igel®-Verbindung. Dank der formschlüssigen Verbindung hat T-Igel® den Vorteil, durch die Pins sehr hohe Kräfte und Momente von der Metallbuchse zum CFK-Seitenteil zu übertragen. Dabei gingen die Wissenschaftler einen neuen Weg, das Prinzip der T-Igel-Verbindung beziehungsweise die Pins anzuwenden. Mit der formschlüssigen Verbindung von Pins und Laminat konnten sie die Kerbspannung am Bohrungsrand reduzieren. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, das Laminat anschließend spanend zu bearbeiten und mit einer Schraubenverbindung zu versehen.
Indem sie den lokalen Lagenaufbau schrittweise optimierten, konnten die Darmstädter Forscher die neue Leichtbauhinterachse auf die mehraxiale Belastung aus dem Fahrbetrieb anpassen. Ausgehend von der T-Igel-Verbindung wurde eine kerbspannungsarme, formschlüssige Metall- und Faserverbundverbindung abgeleitet.
Die Leichtbauhinterachse für Elektrofahrzeuge soll auch im Fahrversuch geprüft werden. Daher standen bei der Auslegung ihre Sicherheit und Einsatztauglichkeit sowie die Eignung für eine mögliche Serienfertigung im Fokus. Weil Vergleichswerte von ähnlichen Hinterachsen fehlen, mussten die Sicherheitsfaktoren entsprechend hoch angesetzt werden. Die Forscher versprechen sich von den Fahrtests auch die Möglichkeit, die Geometrie noch weiter zu optimieren und auf diese Weise das Leichtbaupotential der Leichtbauhinterachse noch besser ausschöpfen zu können.